Syriens Regierungschef wechselt die Seiten

Im syrischen Bürgerkrieg verliert Diktator Baschar al-Assad immer mehr seiner Getreuen. Der syrische Regierungschef Riad Hidschab hat sich gemeinsam mit seiner Familie nach Jordanien abgesetzt und den Rebellen angeschlossen. Er ist der bislang hochrangigste Vertreter des Regimes, der die Seiten wechselt.

Abendjournal, 6.8.2012

Robert Uitz

"Werde für die Revolution kämpfen"

Syriens Ministerpräsident Rijad Hidschab hat sich ins Ausland abgesetzt und sich der Opposition im Kampf gegen Präsident Baschar al-Assad angeschlossen. "Ich bin ab jetzt ein Soldat dieser gesegneten Revolution" lässt Ministerpräsident Riad Hidschab von seinem Sprecher dem Fernsehsender Al-Dschasira ausrichten. "Herr Riad hatte die Möglichkeit, Teil dieser kriminellen Regierung zu sein - oder auf der Seite des syrischen Volkes und der Revolution zu kämpfen", heißt es weiter.

Grund für Hidschabs Seitenwechsel seien die "Kriegsverbrechen und der Völkermord" in Syrien. Hidschab und seine Familie befänden sich an einem sicheren Ort. Laut Al-Dschasira hält sich Hidschab in Jordanien auf. Noch am Montagabend will Hidschab nach Katar weiterreisen und dort vor den Medien ein Statement abgeben.

Es wird einsam um Assad

Gemeinsam mit Hidschab seien zwei Minister und drei Brigadegeneräle nach Jordanien geflohen, teilte auch der oppositionelle Syrische Nationalrat mit. Mit Hidschab hat sich nach mehreren führenden Offizieren und Diplomaten der ranghöchste Politiker von Assad losgesagt. Erst im Juni hatte der Präsident Hidschab nach der Parlamentswahl zum Regierungschef ernannt.

Das syrische Staatsfernsehen bemühte sich um Schadensbegrenzung und berichtete, Assad habe Hidschab entlassen und eine Übergangsregierung unter Omar Ghalawandschi eingesetzt. Mit Ghalawandschi kommt ein früherer stellvertretender Regierungschef ins Amt.

Tatsächlich löst sich das Regime immer mehr auf. Seit Beginn der Revolution vor 17 Monaten sind 30 Generäle der Armee abtrünnig geworden. Außerdem haben sich nach Angaben der Rebellen drei Mitarbeiter des politischen Geheimdienstes nach Jordanien abgesetzt. Einer der Männer soll ein ranghoher Offizier gewesen sein.

Schlacht um Aleppo geht weiter

Assad versucht seit 17 Monaten einen Aufstand gegen seine Herrschaft niederzuschlagen. Während die Armee die Hauptstadt Damaskus wieder weitgehend unter ihrer Kontrolle hat, tobten in der Millionenstadt Aleppo im Norden schwere Gefechte. Am heftigsten umkämpft ist der Stadtteil Salaheddine, der noch von den Rebellen gehalten wird.

Assads Soldaten feuerten mit Panzern in die schmalen Gassen, in denen die Rebellen Zuflucht vor dem Beschuss aus Hubschraubern suchten. Die meist nur mit leichten Waffen ausgerüsteten Aufständischen haben der Armee wenig entgegenzusetzen. Von den Dächern machten Scharfschützen Jagd auf die Rebellen. Frauen und Kinder flohen aus der Stadt - in überfüllten Autos und zu Fuß.