Totalumbau in Rumäniens Regierung

Im Streit um das Referendum zur Absetzung von Staatspräsident Traian Basescu sind zwei rumänische Minister zurückgetreten. Daraufhin kündigte der sozialistische Ministerpräsident Victor Ponta an, die Regierung komplett umzubilden. Ihr Ressort aufgeben müssen die Minister für Äußeres, Justiz und die Beziehungen zum Parlament.

Abendjournal, 6.8.2012

Lucien Giordani

Neue Minister um Basescu "standzuhalten"

Rumänien schlittert immer mehr in eine politische Krise. Innenminister Ioan Rus legte sein Amt am Montag nieder, nachdem ihm Regierungs- wie Oppositionspolitiker vorgeworfen hatten, mit widersprüchlichen Angaben zur Zahl der Wahlberechtigten im Land Verwirrung gestiftet zu haben. Der Delegierte Minister für Verwaltung, der als rechte Hand des Innenministers gilt, Victor Paul Dobre, trat ebenfalls zurück und führte dafür "persönliche Gründe" an.

Der sozialdemokratische Premier Victor Ponta (PSD) kündigte daraufhin eine umfassende Regierungsumbildung an. Hintergrund ist der schwelende Machtkampf zwischen Ponta und Staatspräsident Traian Basescu, der Rumäniens politische Landschaft seit Wochen beherrscht. Ponta sagte, er habe den scheidenden Ministern nichts vorzuwerfen. Die Kabinettsumbildung sei notwendig, um den Angriffen vonseiten Basescus standzuhalten.

Verwirrspiel um Wahlbeteiligung

Der bürgerliche Staatschef Traian Basescu war Anfang Juli seines Amtes enthoben worden. Um das Referendum, das seine Amtsenthebung hätte bestätigen sollen, gibt es ein Verwirrspiel. Obwohl beim Referendum eine große Mehrheit von fast 88 Prozent für die Absetzung Basescus gestimmt hatte, blieb die Wahlbeteiligung unter den erforderlichen 50 Prozent. Somit müsste Basescu in sein Amt zurückkehren.

Doch das konnte die Regierung vorläufig verhindern, indem sie beim Verfassungsgerichtshof, der das Ergebnis offiziell bestätigen muss, Einspruch gegen die selbst erstellten und bestätigten Wählerlisten erhoben. Diese sollen angeblich 1,7 Millionen Falscheinträge enthalten. Das Referendum war an etwa 1,5 Millionen Stimmen gescheitert.

Gerichtshof entscheidet Ende August

Der Sozialist Rus hatte vergangene Woche zunächst bekräftigt, in Rumänien gebe es 18,2 Millionen Wahlberechtigte. Von dieser Zahl war die Wahlleitung bei ihrer Berechnung ausgegangen. Laut amtlichem Endergebnis haben rund 46 Prozent der Rumänen an der Volksabstimmung teilgenommen.
Einen Tag später erklärte der Minister, er übernehme für diese Angaben keine Verantwortung. Die Zweifel werden genährt von den inoffiziellen Ergebnissen einer Volkszählung aus dem Jahr 2011. Danach soll die Bevölkerung Rumäniens um zwei Millionen geschrumpft sein.

Sollten diese bisher nur geschätzten Daten bestätigt werden, ergäbe sich auf dieser Basis eine höhere Wahlbeteiligung. Innenminister Rus begründete seinen Rücktritt schließlich mit "inakzeptabler Kritik und Druck", dem er ausgesetzt gewesen sei.

Das Verfassungsgericht (VGH) will erst frühestens Ende August über die Gültigkeit der Volksabstimmung entscheiden. Bis ein Urteil fällt, bleibt der abgesetzte Präsident vom Amt suspendiert.

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