Pussy Riot: Proteste begleiten Urteilsverkündung

In Moskau wird heute das Urteil gegen die Putin-kritische Punkband "Pussy Riot" erwartet. Vor dem Gericht und auch weltweit gibt es Proteste gegen den "politischen Schauprozess". Trotzdem müssen Nadeschda Tolokonnikowa (22), Maria Aljochina (24) und Jekaterina Samuzewitsch (30) mit Haft rechnen.

Mittagsjournal, 17.8.2012

Stefan Laak

Weltweite Proteste

Wenn Richterin Marina Syrowa heute das Urteil in der Anklage wegen "Rowdytums aus religiösem Hass" spricht, ist ihr Aufmerksamkeit gewiss. Über soziale Netzwerke kündigten etwa 700 Unterstützer an, dass sie sich vor dem Gericht versammeln wollen. Die Moskauer Polizei sperrte das Gerichtsgebäude nahe dem Moskwa-Fluss ab. Weltweit sind kurz vor der Urteilsverkündung um 13.00 Uhr (MESZ) Solidaritätsaktionen geplant, auch in Wien. In Russland wollten hingegen Ultranationalisten und strenggläubige orthodoxe Christen für eine Verurteilung demonstrieren.

Die Richterin Marina Syrowa lässt sich von Leibwächtern zum Finale des Prozesses begleiten. Die 50-Jährige hat angeblich zahlreiche Drohungen von Anhängern der kremlkritischen Punkband Pussy Riot erhalten und fürchtet nun um ihre Sicherheit.

"Einschüchterung der Opposition"

Die drei Musikerinnen hätten mit ihrem "Punkgebet" gegen Putin und den Patriarchen Kirill in der Moskauer Erlöserkathedrale religiöse Gefühle verletzt, argumentiert Staatsanwalt Alexander Nikiforow und fordert drei Jahre Haft. Er meint, die Frauen, von denen zwei kleine Kinder haben, seien eine Gefahr und müssten "isoliert" werden von der Gesellschaft. Die Verteidigung bezeichnet den Prozess als beispiellosen Justizskandal. "Ziel ist es, ein Exempel zu statuieren und die Opposition im Land einzuschüchtern", sagte Anwalt Nikolai Polosow der Deutschen Presse-Agentur. Er rechnet damit, dass der Kreml das Urteil genau vorgeben und dabei "die internationale Signalwirkung nicht außer Acht lassen" wird.

Mehrheit gegen Haft

Auch wenn viele das Protestgebet in der Kirche unter dem Titel "Mutter Gottes, vertreibe Putin" verurteilen, so hält laut Umfragen doch auch die Mehrheit der Russen eine Haftstrafe für überzogen. In offenen Briefen haben auch Prominente in Russland "Freiheit für Pussy Riot" gefordert. So hatte Putin öffentlich selbst zuletzt eine nicht zu harte Strafe für die Frauen angemahnt. Von Gnade oder Milde sprach er aber nicht.

AI: "Politische Gefangene"

Die drei "Pussy Riot"-Frauen sind von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International als politische Gefangene anerkannt. Sie zeigten sich auch in ihrem Schlusswort am Mittwoch vor einer Woche mit geballter Faust kämpferisch. Für ihren Kampf um ein freies Russland ohne korrupte Oligarchie seien sie bereit, ins Gefängnis zu gehen. Die anderen Bandmitglieder, die noch in Freiheit sind, aber im Untergrund agieren, haben auch in den vergangenen Wochen immer wieder Skandalaktionen inszeniert. Sie wollen weitermachen. Und auch die Anwälte haben angekündigt, für die Freiheit von "Pussy Riot" bis vor den Europäischen Gerichtshof in Straßburg zu ziehen. (Text: APA, Red.)