Deutschland: E10 umstrittener denn je

Die Einführung von E10, also Superbenzin mit 10 Prozent Pflanzen-Ethanol, könnte sich in verzögern. In Deutschland gibt es E10 schon seit einem Jahr. Richtig angenommen wird der Sprit allerdings bis heute nicht. Und jetzt ist auch noch wegen der hohen Getreidepreise eine neue Diskussion entstanden, ob der E10-Treibstoff wirklich so eine gute Idee ist.

Morgenjournal, 22.8.2012

Von Anfang an umstritten

Die Autofahrer in Deutschland werden derzeit ordentlich zur Kasse gebeten. Bis zu 1,70 Euro kostet ein Liter Benzin. E10 ist kaum billiger, an manchen Tankstellen überschreitet auch er die 1,70er-Marke. Das hat allerdings kaum Auswirkungen auf den Absatz. Auch wenn er billiger wäre - bisher nehmen nur wenige Autofahrer den Zapfhahn mit der Beschriftung E10. Offenbar gibt es nach wie vor Verunsicherung. Denn als E10 vor rund einem Jahr in Deutschland eingeführt wurde, war nicht sicher, ob der Treibstoff mit Ethanol den Motoren schaden könnte. Zumindest wollten das die Hersteller nicht garantieren. Dass eine große Anzahlen an Motoren wegen E10 zum Stottern begonnen hätten, ist nicht bekannt - aber das ist jetzt auch nicht mehr das Thema, wenn es um E10 geht.

Minister für Produktionsstopp

Jetzt geht es um hohe Getreidepreise und Hungersnöte und darum, ob es noch gerechtfertigt ist, Nahrung zu "verfahren". Der deutsche Entwicklungsminister Dirk Niebel meint nein: "Darum sollte die Produktion von E10 eingestellt werden, so lange bis wir es ermöglichen können, dass die essbaren Teile einer Pflanze für den Menschen und die Nahrungssicherung zur Verfügung stehen und die nicht essbaren Teile für die Energieversorgung."

Eiweiß für Tierfutter

Gegen einen Verkaufsstopp, wie auch von Umweltorganisationen gefordert, wehrt sich die Mineralölwirtschaft, etwa in Person von Elmar Baumann vom Verband der deutschen Biokraftstoffindustrie: Niebels Forderung zeige, wie wenig Sachkenntnis er habe. Die Verknüpfung von Biosprit-Produktion und Nahrungsmittelherstellung sei längst Realität: "Der Eiweißanteil beim Getreidekorn wird zu Tierfuttermittel, der Stärkeanteil zu Bioethanol."

Bauern profitieren

Nutznießer von Biotreibstoff sind auch die Bauern, die einen Teil ihrer Fläche nur für die Produktion der Pflanzen, die für die Herstellung für den Bioanteil am Treibstoff notwendig sind, bestellen. Dass sie damit aber hohe Preise und Hungersnöte fördern, können sie nicht nachvollziehen. Reinhold Hörner ist so ein Bauer aus Rheinland Pflanz, zugleich ist er auch Vertreter eines dortigen Bauernverbandes. Er hebt hervor, dass das für Bioethanol verwendete Getreide in Deutschland zum Teil für Menschen und Tiere gar nicht mehr geeignet war, weil es "negativ belastet" gewesen sei.

Berlin bleibt dabei

Deshalb tragen die Bauern aus ihrer Sicht nur dazu bei, das vorhandene Quotengesetz zu erfüllen: Demnach müssen die Mineralölkonzerne 6,25 Prozent des Gesamtabsatzes mit Biosprit bestreiten. Und an dieser Regelung will die deutsche Bundesregierung auch weiterhin festhalten, denn Biokraftstoffe würden die Erhöhung der Agrarpreise nicht so sehr beeinflussen, ist man im Landwirtschaftsministerium in Berlin überzeugt.