Kärntner Urteile mit politischen Folgen

Die strengen Urteile im Birnbacher-Prozess werden auch politische Folgen haben, ist die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle im Ö1 Interview sicher. Sie sieht vor allem einen - begrenzten - Schaden für die ÖVP und einen zusätzlichen Nährboden für Politikverdrossenheit. Die Aufarbeitung der gesamten Affäre rund um den Verkauf der Landesbank werde noch Jahre dauern, ist die Politologin sicher.

Morgenjournal, 2.10.2012

Die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle im Gespräch mit Andrea Maiwald

Nährboden für Politikverdrossenheit

Das strenge Urteil für Ex-ÖVP-Landeschef Josef Martinz - fünfeinhalf Jahre unbedingte Haft - bedeute natürlich einen Schaden für die ÖVP, der aber begrenzt sei, weil Martinz rechtzeitig zurückgetreten und die Führungsmannschaft ausgewechselt worden sei, gibt Stainer-Hämmerle zu bedenken. Abzuwarten bleibe allerdings die Reaktion der Wählerschaft, "weil die Verdrossenheit gegenüber der Politik generell doch jetzt wieder einen Nährboden hat."

Dazu komme, dass quasi gerichtlich festgestellt worden sei, dass die ÖVP Mittäter gewesen sei. Bisher hätten die Vorgänge in Kärnten generell der FPÖ geschadet, weil Jörg Haider mit der FPÖ in Kärnten gleichgesetzt worden sei. Ob die ÖVP das Ruder glaubhaft herumreißen könne, sei noch nicht abzuschätzen.

FPK spielt auf Zeit

Stainer-Hämmerle rechnet mit einem Folgeprozess gegen die ebenfalls beschuldigten FPK-Politiker Uwe Scheuch und Harald Dobernig. Richter Herrnhofer habe bei der Urteilsverkündung gesagt, dass die Vorwürfe gegen die beiden für ihn durchaus glaubwürdig seien. Die FPK setze dabei auf die gegenteilige Strategie zur ÖVP, so Stainer-Hämmerle: "Sie mauert, streitet ab und spielt auf Zeit." Dabei hoffe sie, dass alle Parteien bis zur vorgezogenen Neuwahl gleichmäßig beschädigt werden, und die auch im Zuge des Korruptions-Untersuchungsausschusses in Wien sagen können, in Kärnten sei es doch nicht so schlimm, oder zumindest seien alle gleich mitbetroffen.

Personen bleiben gleich

Aus der Sicht der Politologin ist das gestrige Urteil überbewertet, wenn es als Symbol für die Abrechnung mit einem ganzen System gesehen werde. Die Aufarbeitung durch Politik und Gerichte werde Jahre dauern. Dabei würden auch nach einer Neuwahl zwar die Kräfteverhältnisse verschoben, die Personen aber die gleichen bleiben, gibt Stainer-Hämmerle zu bedenken. Dann müsse ein Weg gefunden werden, in Kärnten wieder Politik zu machen und dennoch weiter aufzudecken.

Kein Gewinn für die Grünen?

Profitieren könnten am ehesten die Grünen vom Aufdecker-Image, allerdings starten sie von fünf Prozent bei der letzten Landtagswahl. Und auch da, 2008, seien die Honorarzahlungen schon bekannt gewesen, was sich damals schon positiv für die Grünen auswirken hätte sollen.