Birnbacher beruft: Will als Kronzeuge gelten
Steuerberater Dietrich Birnbacher hat zwar beim Prozess in Klagenfurt die bei weitem mildeste Strafe ausgefasst - mit zwei Jahren bedingter und nur einem Jahr unbedingter Haft. Aber Birnbacher will nun trotzdem berufen. Birnbachers Anwalt will, dass sein Mandant als Kronzeuge anerkannt wird. Ob ihm das gelingt ist fraglich.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 4.10.2012
Regelung nicht anwendbar?
Das Gericht habe nicht ausreichend anerkannt, dass Dietrich Birnbacher entscheidende Hilfe bei der Aufklärung geleistet hat, argumentiert sein Anwalt Richard Soyer in der ZiB 2 und kündigt Berufung an: Er wolle die "kleine Kronzeugenregelung" beantragen, sagt Soyer. Die Anwendung der kleinen Kronzeugenregelung würde bedeuten, dass Birnbacher mit einer ganz milden bedingten Strafe unter der gesetzlichen Mindeststrafe davonkommen könnte.
Aber diese Regelung sei auf diesen Untreue-Fall nicht anwendbar, findet Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs: Die "kleine Kronzeugenregelung" sei Taten im Rahmen von kriminellen oder terroristischen Vereinigungen vorgesehen, und das liege in diesem Fall nicht vor, so Fuchs. Es ist wohl so gut wie ausgeschlossen, dass die die Gerichte die Kärntner Landesregierung oder Landesholding als kriminelle Vereinigung einstufen.
Ersturteil "passend"
Nicht ausgeschlossen ist, dass ein Berufungsgericht - unabhängig von der kleinen Kronzeugenregelung - die Strafe für Birnbacher weiter herabsetzt. Strafrechtler Fuchs meint allerdings zu den zwei Jahren bedingt und einem Jahr unbedingt für Birnbacher in erster Instanz: "So weit ich das beurteilen kann, erscheint mir das passend." Die Strafe sei im Vergleich zu den anderen Angeklagten deutlich geringer, wobei Birnbacher in der Affäre eine "Zentralfigur" sei.
Geständnis unter Druck
Bleibt die zumindest moralische Frage, ob man Birnbacher überhaupt als Kronzeugen bezeichnen kann oder will. Die Gegenargumente: Birnbacher hat nach jahrelangen Ermittlungen erst am dritten Verhandlungstag vor Gericht sein erstes Geständnis abgelegt - unter dem Druck der Fakten, wie Staatsanwalt Andreas Höbl in seinem Plädoyer gemeint hat. Und: Laut der Urteilsbegründung von Richter Manfred Herrnhofer dürfte Birnbacher auch gar nicht die volle Wahrheit gesagt haben - zumindest nicht über seine Vermögensverhältnisse.
Ein Argument, das hingegen für Birnbacher spricht: Laut dem Grünen Rolf Holub war er schon im Jahr 2010 kooperativ gegenüber dem Kärntner Untersuchungsausschuss gewesen und hatte Unterlagen zur Verfügung gestellt.
Und Anwalt Soyer hat vor Gericht argumentiert, Birnbacher hätte schon früher ein Geständnis abgelegt, wenn er Ex-VP-Chef Josef Martinz nicht von klein auf gekannt und sich seinen Eltern verpflichtet gefühlt hätte.
Taktische Überlegungen
Nicht nur Soyer will gegen das Birnbacher-Urteil berufen sondern auch der Staatsanwalt - er will eine strengere Strafe. Vielleicht spielt also bei Birnbachers Berufung auch die taktische Überlegung eine Rolle - dass man der Berufung des Staatsanwalts etwas entgegensetzen will.
Übrigens: Die "große Kronzeugenregelung" gibt es in Österreich erst seit 2011. Dem Kronzeugen kann sie völlige Straffreiheit bringen, aber dazu muss er von Anfang an voll mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten. Bisher gibt es in Österreich nur einen Kandidaten für diese Regelung - den Ex-Telekom-Vorstand Gernot Schieszler.