China setzt auf eigenes GPS-System
Ob im Inselstreit mit Japan oder bei der Blockade von UNO-Resolutionen zu Syrien - China tritt auf dem internationalen Politparkett immer selbstbewusster auf. Dazu läuft ein umfangreiches Modernisierungsprogramm der chinesischen Streitkräfte, die Rüstungsausgaben legen rasant zu. Und man erweitert das eigene Satellitennavigationssystem, um vom amerikanischen GPS-System unabhängig zu werden.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 17.10.2012
Rasende Entwicklung
Es ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg Chinas zu einer militärischen Großmacht: In Kürze wird ein weiterer Satellit ins All geschossen. Ab dann werden ganz Ostasien sowie weite Teile des Pazifiks durch das chinesische Satellitennavigationssystem abgedeckt. China nennt das System "Beidou". Der Name kommt vom Sternbild des Großen Wagens. Beidou soll dem amerikanischen GPS-System Konkurrenz machen und wurde bereits Ende 2011 nach mehr als einem Jahrzehnt Vorbereitung in Betrieb genommen. Seither geht die Entwicklung rasend schnell. Allein heuer hat China fünf Satelliten für das Navigationssystem ins All geschossen. Zehn weitere Beidou-Satelliten befinden sich bereits dort.
Höchste Priorität
In den nächsten Wochen soll der 16. Beidou-Satellit ausgesetzt werden. Damit ist die zweite Ausbaustufe des Systems beendet - ein Meilenstein für China. Beidou wird dann nämlich Asien vom östlichen Iran bis in die Mongolei und nach Japan sowie weite Teile des Westpazifiks bis nach Australien abdecken. China ist nach den USA und Russland die dritte Nation, die ein derartiges Satellitennavigationssystem betreibt. Das europäische Galileo-System befindet sich erst in einer frühen Testphase. Die chinesische Regierung hat dem Projekt höchste Priorität eingeräumt. Bis 2020 soll Beidou weltweit funktionieren.
Frage der nationalen Sicherheit
Im zivilen Bereich will China dem amerikanischen GPS nicht das Feld überlassen will. Chinesische Firmen hoffen auf lukrative Geschäfte. Doch es geht um viel mehr. Beidou war eine Idee der chinesischen Generäle, um sich von der Abhängigkeit vom amerikanischen GPS zu befreien. Die Generäle hatten wohl nicht ganz zu Unrecht befürchtet, das US-Militär könnte das System im Fall eines Konflikts manipulieren und etwa chinesische Raketen im Ernstfall zu falschen Zielkoordinaten schicken. Der pensionierte chinesische General und ausgewiesene Militärexperte Xu Guang Yu bestätigt diese Befürchtung im ORF-Interview klar und deutlich: "Jedes Land braucht ein eigenes und unabhängiges System, das man selbst unter Kontrolle hat. Ein Navigationssystem ist extrem wichtig. Wir wollen nicht der Kontrolle eines anderen Landes ausgesetzt sein. Deshalb hat China sein eigenes Navigationssystem entwickelt. Es ist eine Frage der nationalen Sicherheit. Die USA haben die Entscheidung über GPS und können das Signal kontrollieren und jederzeit wenn sie wollen unterbrechen."
Teil der Aufrüstung
Parallel zum Ausbau des Satellitennavigationssystems rüstet Chinas Militär derzeit massiv auf. Mehr als 140 Milliarden Dollar hat China im vergangenen Jahr für seine Streitkräfte ausgegeben, schätzt das Stockholmer Institut für internationale Friedensforschung. Das ist immer noch nur ein Fünftel des Militärbudgets der USA. Doch nehmen Chinas Rüstungsausgaben anders als die der meisten westlichen Länder weiterhin deutlich zu. Angesichts der wachsenden Bedeutung Chinas sei das nur recht und billig, wird in Peking betont - wo man die Partnerschaften und militärischen Allianzen, die Washington in der Pazifikregion in letzter Zeit mit Nachdruck ausbaut, zunehmend mit Argwohn betrachtet.