Teherans Bevölkerung spürt Sanktionen
Der Iran kommt durch die neuen EU- und US-Sanktionen zunehmend in Bedrängnis. Zuletzt hat die EU ein Gas -und Energieembargo sowie einige Kontosperren beschlossen. Die Leute in Teheran spüren steigende Preise und wachsende Verknappung. Der Druck auf das Regime steigt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.10.2012
Aus dem Iran,
"Wirtschaftskrieg" gegen Teheran
In den großen Basar von Teheran ist wieder Alltag eingekehrt. Der Schock nach den ersten drastischen Preiserhöhungen scheint sich gelegt zu haben. Nur die Polizisten wirken ungewöhnlich nervös, seit es hier Anfang des Monats zu Protesten und Unruhen gekommen ist.
Noch im Sommer durfte man im Iran noch nicht öffentlich sagen, dass die Sanktionen des Westens dem Land Probleme bereiten. Das hat sich geändert. Das Thema ist in aller Munde, seit Präsident Ahmadinejad von einem "Wirtschaftskrieg" gesprochen hat, der gegen sein Land geführt werde. Patriotische und nationale
Parolen haben Hochkonjunktur. Zahlreiche iranische Flaggen sind im Stadtbild aufgetaucht: Wir werden das aushalten - es ist wie damals im Krieg gegen den Irak, erzählt ein Tischler aus Teheran. 8 Jahre habe der Krieg gedauert, und auch damals sei der Westen nicht auf der Seite des Iran gewesen.
Preise klettern hinauf
Jetzt gibt es also wieder Notmaßnahmen. Alles was importiert werden muss, vom Weizen bis zum Zahnimplantat, wurde je nach Wichtigkeit, in Devisenkategorien eingeteilt. Medikamente
und Lebensmittel können weiterhin zum günstigsten Kurs importiert werden. Für Autos beispielsweise muss jeder Händler ab nun bis zu doppelt so viel Rial bezahlen.
Dazu kommt, dass die Gesetze des Marktes, sonst im Iran ebenso geschätzt wie im Westen, jetzt gegen die Bevölkerung arbeiten. Wer etwa einen Computer oder ein anderes Importgerät kaufen will,
bekommt das oft nicht, obwohl die Auslagen voll sind. Denn die Händler halten ihre Ware zurück, wollen lieber zum Preis von übermorgen verkaufen.
Unverständnis bei den Menschen
Auch in der Mejlis, dem iranischen Parlament, ist die gereizte Stimmung zu spüren. Abgeordnete aus ärmeren Provinzen verlangen von der Regierung mehr Subventionen, um die harten Zeiten zu
überstehen. Und Präsident Ahmadinejad kämpft dagegen, von der Geistlichkeit zum Sündenbock für die Unzufriedenen gestempelt zu werden.
Wozu all das nötig sei, wenn man sich am Ende doch mit dem Westen an einen Tisch setzen werde, ist von vielen Iranern zu hören. Als Kritik an beide Seiten. Oder wie es der Tischler auf dem Basar formuliert: Fehler macht jeder. Aber auf die Fehler des Anderen mit Fingern zeigen, das ist ein doppelter Fehler. Wenn unsere Gesellschaft gut lebt, habt doch auch Ihr was davon! Wenn es uns gut geht, dann geht es doch auch euch im Westen gut.
Dass Europa und die USA tatsächlich aus Angst vor einer iranischen Atombombe handeln, glauben hier jedenfalls die Wenigsten.