Wo die US-Wahl entschieden wird

Die Präsidentenwahl wird letztlich in nur einigen wenigen Bundesstaaten entschieden. Gerade zehn oder elf der 50 US-Bundesstaaten gelten als solche "Swing States". In einigen davon deuten Meinungsumfragen darauf hin, dass die Entscheidung vermutlich schon gefallen ist. Aber in zumindest sechs Staaten bleibt es bis zuletzt spannend.

Mittagsjournal, 6.11.2012

Jede Stimme wichtig

1,3 Millionen Einwohner hat der Staat New Hampshire, gerade vier der insgesamt 538 Wahlmännerstimmen werden dort vergeben - und doch, beide Präsidentschaftskandidaten kommen in den letzten Tagen des Wahlkampfes in den kleinen Neu-England-Staat. Der Grund ist offensichtlich, Mitt Romney spricht es auch gleich an, in diesem Staat ist jede Stimme wichtig: "Ich möchte, dass Sie in den nächsten Tagen bei ihren Nachbarn vorbeischauen, auch bei denen, die vielleicht ein kleines Obama-Plakat in ihrem Vorgarten aufgehängt haben, und sagen; Reden wir doch noch einmal darüber - Obama hat sein Amt mit so vielen Versprechen angetreten, und so wenig davon hat er eingelöst."

Das war am Samstag. Am Sonntag ist dann auch Obama in New Hampshire. Und auch er betont, wie wichtig jede einzelne Stimme ist. "Auf Sie kommt es an! So funktioniert eine Demokratie: In zwei Tagen entscheiden Sie, dann haben Sie die Macht, den Kurs dieses Landes auf Jahrzehnte hinaus festzulegen."

Mehrzahl der Staaten eindeutig

Doch was für New Hampshire gilt, das gilt nicht für jeden der 50 Bundesstaaten. Fast 40 der Staaten haben die beiden Kandidaten kaum je besucht, dort hat es auch kaum Werbespots gegeben - Staaten also, in denen es offensichtlich nicht auf jede Stimme ankommt. Der Grund für diese Unterschiede liegt beim amerikanischen Wahlsystem: Präsident wird ja, wer die meisten Wahlmännerstimmen bekommt, und der Großteil der Staaten gibt alle Wahlmännerstimmen dem Kandidaten, der die Mehrheit in dem Staat erzielt. Ob diese Mehrheit nun ein Stimmenanteil von 55, 60 oder gar 80 Prozent ist, ist unerheblich. Und daher ist auch jede Minute und jeder Dollar investiert in einen Staat, in dem einem der Sieg ohnehin bereits sicher ist, aus Sicht der Kandidaten reine Verschwendung.

Kampf um Ohio

Keine Verschwendung dagegen ist Wahlkampf in Ohio: "Ohio ist der wichtigste Ort. Wir wollen sichergehen, dass wir Ohio gewinnen, und dann erobern wir auch das Weiße Haus zurück", ruft Romney seinen Fans zu. Tatsächlich ist seit den Zeiten John F. Kennedys niemand US-Präsident geworden, der nicht auch in Ohio gewonnen hat. Und auch diesmal dürfte sich für Romney rein rechnerisch ein Sieg schwer ausgehen, wenn er Ohio nicht für sich entscheidet. Laut den letzten Umfragen hat in dem Staat, der mit seinem Mix aus Landwirtschaft und Industrie, aus kleinen Dörfern und großen Städten fast eine Art Mikrokosmos der gesamten USA ist, allerdings Obama die Nase knapp vorn. Und auch, wenn man alle Swing States zusammen betrachtet, liegt Obama laut letzten Prognosen voran.

Immer dieselben Staaten

Bis zuletzt spannend bleibt es aber in zumindest sechs Staaten. Neben New Hampshire und Ohio ist das Virginia, einer der klassischen, ländlichen Südstaaten, der erst zum Swing State wurde, als sich rund um die Hauptstadt Washington immer mehr Menschen ansiedelten. Weiters Florida, der mit 29 Wahlmännern größte Swing Staat, und ebenfalls ein Staat, in dem ganz unterschiedliche Bevölkerungssegmente zusammen leben, die angestammte weiße Südstaatenbevölkerung, aber auch viele Zuwanderer aus Lateinamerika und nicht zuletzt Pensionisten aus den ganzen USA. Und auch auf die beiden Staaten Wisconsin und Colorado kommt es noch an: "Danke Colorado, Sie sind die Besten", lobt Romney die potentiellen Wähler. "Florida, in zwei Tagen müssen Sie sich entscheiden zwischen zwei unterschiedlichen Visionen für Amerika", appelliert Obama. "Virginia könnte der Staat sein, der entscheidet, wer der nächste Präsident wird", so Romney. "Wir werden in New Hampshire gewinnen, wir werden diese Wahl gewinnen", ruft Obama. In manchmal fünf Staaten an einem Tag treten die beiden Kandidaten in der Schlussphase des Wahlkampf auf - und doch, es sind immer wieder dieselben Staaten, die Swing States eben.