Griechenland-Hilfe vorerst gescheitert

Die ganze Nacht über haben die Finanzminister der Euro-Länder in Brüssel um eine Lösung gerungen, wie Griechenland langfristig geholfen werden kann. Aber weil die Einen einen neuen Schuldenerlass als einzige Chance sehen, die Anderen - darunter Österreich - das wegen der Kosten ablehnen, ist eine Lösung gescheitert.

Morgenjournal, 21.11.2012

Fortsetzung am Montag

"Wir haben intensiv diskutiert", sagte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble nach dem Ende der fast zwölfstündigen Beratungen. "Aber da die Fragen so kompliziert sind, haben wir keine abschließende Lösung gefunden." Die Gespräche sollen nun am Montag fortgesetzt werden, nicht zuletzt um die Beratungen der Staats- und Regierungschefs über den langjährigen Haushalt der EU ab Donnerstag davon frei zu halten. Der Gipfel habe viel zu tun, deswegen hätten sich die Finanzminister für Montag entschieden, sagte Schäuble.

"Technische Arbeiten"

Auch Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker beschrieb die nächtlichen Beratungen als "extensiv", was in der Diplomatensprache in der Regel eine heftige Aussprache bedeutet. Die Finanzminister seien jedoch damit vorangekommen, ein Maßnahmenbündel zu identifizieren, mit dem die Finanzierungslücken geschlossen werden könnten, sagte er. "Die Euro-Gruppe hat ihr Treffen unterbrochen, um weitere technische Arbeiten an einigen Elementen des Pakets zu erlauben." Schäuble und Juncker betonten, Griechenland habe alle Zusagen erfüllt, für die als Frist das Euro-Gruppen-Treffen vorgegeben war.

Zugeständnisse nötig

Die Finanzminister hatten eine ganze Reihe von Konfliktpunkten auf der Tagesordnung, die vor der Zahlung einer weiteren Tranche gelöst werden sollten. Das Ausmaß der Finanzlöcher in der bisherigen Planung für eine Sanierung des öffentlichen Haushaltes in Athen und einen langfristigen Schuldenabbau ist groß: Allein der Aufschub des Defizitziels um zwei Jahre auf 2016 macht zusätzlich mehr als 30 Milliarden Euro nötig, die nach dem Wunsch von Staaten wie Deutschland und der Niederlande ohne frisches Geld gedeckt werden sollen.

Auch der geplante Schuldenabbau auf 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist auf keinen Fall ohne Zugeständnisse der Geldgeber zu erreichen, selbst wenn dem Land hierfür ebenfalls zwei Jahre länger bis 2022 Zeit gegeben wird. Gleichzeitig wartet Griechenland dringend auf die nächste Hilfstranche. Wegen aufgelaufener Zahlungen seit Sommer kann sie bis zu 44 Milliarden erreichen. Euro-Zone und Internationaler Währungsfonds wollten eigentlich bis Mittwoch eine politische Zusage geben, damit das Geld Anfang Dezember fließen kann.

Umstrittener Entwurf

Die Finanzminister stritten die gesamte Nacht über das Bündel von Maßnahmen, mit dem die Finanzierungslücken geschlossen werden können. Einem für die Euro-Gruppe vorbereiteten Papier zufolge kann der Schuldenstand selbst unter großen Zugeständnissen der internationalen Geldgeber erst 2022 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung gesenkt werden. Die Experten aus den Finanzministerien schlugen deshalb eine Verschiebung des bislang für 2020 geplanten Ziels um zwei Jahre vor. Aber selbst dann sei das Ziel nur zu erreichen, wenn ein umfangreiches Bündel aus Maßnahmen zur Schuldenreduzierung angewendet werde, heißt es in dem Papier, das Reuters vorlag. Ohne Aufschub sei ein Stand von 120 Prozent bis zum Ende des Jahrzehnts nur durch einen Schuldennachlass der öffentlichen Gläubiger wie EZB, IMF oder Euro-Staaten zu schaffen. Das lehnen aber unter anderem Deutschland und die Niederlande ab. (Text: APA, Red.)