Obsorge neu wird verabschiedet

Nach der Aktuellen Stunde wurde im Parlament das neue Familien- und Obsorgerecht debattiert. Die Idee von der automatisch gemeinsamen Obsorge von Vater und Mutter ist nicht mehr im Plan, sondern die Gerichte entscheiden, ob unverheirateten Vätern die gemeinsame Obsorge zuerkannt wird.

Mittagsjournal, 5.12.2012

Vergebene Chancen

Die Oppositionsparteien sehen durchaus Fortschritte und positive Aspekte im Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz. Etwa dass das Kindeswohl klar definiert wird, dass Kinder künftig einen Doppelnamen tragen können - und auch, dass durch Familiengerichtshelfer die Gerichtsverfahren beschleunigt werden sollen. Aber der Grün-Abgeordnete Albert Steinhauser meint trotzdem: "Es ist ein Gesetz der vergebenen Chancen. Wir wollten einen grundlegenden Bruch, nämlich dass die Obsorge- und Besuchsrechtstreitigkeiten weg vom Gericht hin zu Schlichtungsstellen kommen. Dafür sind Gerichte nicht der richtige Ort."

Freiheitliche und BZÖ hätten sich mehr gewünscht als ein Antragsrecht für Väter auf gemeinsame Obsorge. Das Antragsrecht habe nach Urteilen von Menschenrechtsgerichtshof und Verfassungsgerichtshof ohnehin kommen müssen, sagt BZÖ-Familiensprecherin Ursula Haubner und spricht von einer "vertanen Chance". Man hätte im Sinne der Gleichbehandlung von Müttern und Vätern die gemeinsame Obsorge als Regelfall im Gesetz verankern und die alleinige Obsorge als Ausnahme festlegen sollen.

Regierungsmehrheit und Team Stronach

Peter Fichtenbauer (FPÖ) bemängelt, dass nach wie Kinder als Waffe gegen den anderen Partner zu verwendet werden könnten. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) sieht das genau umgekehrt und betont, ihr gehe es vor allem um Fälle, wo Gewalt gegen Frauen und Konflikte im Spiel sind. Konkret gehe es um rund 2.000 Scheidungen pro Jahr, wo man so verzweifelt sei, dass man die Kinder als Druckmittel verwende. Das solle das neue Familienrechtspaket verhindern.

Und die zuständige Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) betont die erstmalige Definition des Kindeswohls in dem Gesetzespaket. Die Großparteien bekommen heute Unterstützung vom Team Stronach: Elisabeth Kaufmann-Bruckberger spricht von einem wichtigen Schritt und einer Annäherung. So wird das Familienrechtspaket heute wohl beschlossen von SPÖ, ÖVP und der neuen Oppositionspartei Team Stronach.