USA: "Steuerklippe" rückt immer näher

Im Streit um die Staatsschulden läuft dem US-Kongress die Zeit davon: Gelingt bis Jahresende kein Kompromiss, treten automatisch Milliarden Kürzungen in Kraft und Steuervorteile für alle Bürger laufen aus. Und dieser sogenannte "Fiscal Cliff" - diese finanzpolitische Klippe könnte der schwächelnden Wirtschaft in den USA weiter zusetzen.

Mittagsjournal, 5.12.2012

"Es muss was geschehen!"

In den Medien werden die Tage gezählt, fast wie bei einem Adventkalender. Nur geht es um keine freudige Überraschung: Gelingt Demokraten und Republikanern keine Einigung, dann wird eine durchschnittliche US-Familie im nächsten Jahr um 2.000 Dollar mehr Steuern zahlen als heuer. Schlecht für den Mittelstand, schlecht für die US Konjunktur, die so sehr auf den privaten Konsum angewiesen ist. Eine Abordnung demokratischer und republikanischer Gouverneure ist gestern im Weißen Haus vorstellig geworden, um vor den Gefahren der fiskalischen Klippe zu warnen. Utahs republikanischer Gouverneur Gary Herbert: "Es muss etwas geschehen. Das trifft unsere angeschlagene Wirtschaft und schadet uns als Bundesstaaten!"

Zwischen "weit" und "nirgendwo"

Neben der höheren Steuerbelastung für alle Bürger macht den Staaten auch ein automatischer Spar-Mechanismus Sorgen, der dann in Kraft tritt, wenn sich die Parteien nicht selbst auf ein Spar-Budget einigen können. Und genau darauf deutet derzeit einiges hin, denn Demokraten und Republikaner marschieren derzeit im Paarlauf auf die vielzitierte Klippe zu. Einig ist man sich bisher lediglich darin, sich eben nicht einig zu sein. Finanzminister Timothy Geithner und Oppositionsführer John Boehner: "Wir sind weit auseinander", sagt der demokratische Finanzminister . "Wir sind nirgendwo. Punkt. Nirgendwo", so die Zusammenfassung auf republikanischer Seite.

Haupt-Streitpunkt ist die Steuerpolitik. So wie während des Präsidentschaftswahlkampfs fordern die Demokraten höhere Steuern für Besserverdiener ab einem Jahreseinkommen über 250.000 Dollar.

Wer zahlt?

Höhere Steuern sind aber für die Republikaner bisher tabu. Die Besteuerung von Besserverdienern wird als Klassenkampf abgelehnt. Maximal vorstellbar ist das Schließen einzelner Steuerschlupflöcher, bei den Sozialausgaben sollen dagegen hunderte Milliarden eingespart werden. John Boehner: "Wenn es möglich ist, zusätzliche Einnahmen von Besserverdienern zu bekommen, ohne die Wirtschaft zu belasten - warum tun wir das nicht." Ein Ansatz, den wiederum die Demokraten glattweg ablehnen. Ohne höhere Steuern für Spitzenverdiener sei die Staatskassa nicht sanierbar, so der Präsident: "Wenn wir die Mittelklasse entlasten wollen, braucht es höhere Steuern für Spitzenverdiener wie mich. Und wir können das, ohne Kleinbetriebe zu belasten." Einzelne Abgeordnete in den Reihen der Republikaner haben zuletzt durchblicken lassen, dass sie sich höhere Steuern vorstellen könnten - ob das Parteilinie wird, ist aber noch nicht absehbar.

Rezession droht

Im Sommer 2011 hat der Streit um die Anhebung der Staatsschuldengrenze die USA beinahe in die Staatspleite rutschen lassen. Die offen sichtbare Kompromiss-Unfähigkeit der Politiker in Washington hat das Ansehen der USA als Wirtschaftsstandort schwer beschädigt. Ähnliches droht auch diesmal: Allein die Angst vor einer harten Landung nach einem Sprung über die fiskalische Klippe sorgt bei Konsumenten wie Konzernen bereits für Zurückhaltung bei Ausgaben und Investitionen. Steigen die Steuern mit Jahresbeginn tatsächlich, droht die schwächelnde US Wirtschaft wieder in die Rezession zu stürzen - zumindest bei dieser Prognose herrscht Einigkeit zwischen Demokraten und Republikanern.