BAWAG-Freisprüche: Verfahren nicht zu Ende?

Nach den Freisprüchen für Investmentbanker Wolfgang Flöttl und die anderen Angeklagten im BAWAG-Prozess lässt Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner über seinen Anwalt ausrichten, er sei "schockiert" über das Urteil. Während Elsner zu zehn Jahren unbedingter Haft verurteilt worden war, ging Flöttl frei. Elsner verlangt eine Wiederaufnahme des Verfahrens.

Morgenjournal, 19.12.2012

Elsner-Anwalt will Wiederaufnahme

Über den Freispruch für Wolfgang Flöttl sei Helmut Elsner enttäuscht und schockiert, sagt dessen Anwalt Andreas Stranzinger: "Wenn Flöttl nichts wusste, dann kann es auch Elsner nicht gewusst haben. Insofern kommt auch Elsner nach dieser Entscheidung die fehlende subjektive Tatseite zugute und es müsste auch für Elsner einen Freispruch geben. Das heißt, das schreit nach einer Wiederaufnahme."

Eine Wiederaufnahme kann Elsner zwar beantragen - Voraussetzung dafür ist allerdings, dass jemandem eine falsche Zeugenaussage nachgewiesen werden kann oder dass neue Beweisstücke hinzukommen. In jedem Fall müsste über eine allfällige Neuaufnahme ein Drei-Richter-Senat am Landesgericht für Strafsachen entscheiden.

Elsners Anwalt kritisiert auch, dass die Frage, wo das Geld geblieben ist, nicht beantwortet wurde. Die Antwort, die in diesem Verfahren gegeben wurde lautet, das Geld wurde verspekuliert. Dass der Richter Flöttl gänzlich freigesprochen hat, begründet er damit, dass Flöttl nicht dazu verpflichtet war, die Einhaltung der Großveranlagungsgrenze zu kontrollieren. Flöttl durfte sich sozusagen darauf verlassen, dass Elsner und Zwettler alles richtig gemacht haben.

Staatsanwältin überlegt

Flöttl sagt, er sei sehr froh über das Urteil, allerdings sei das nur eine Etappe. "Wahrscheinlich wird die Staatsanwaltschaft berufen." Staatsanwältin Sonja Herbst hat nach dem Urteil keine Erklärung abgegeben. Sie hat bis übermorgen Zeit, gegen das Urteil zu berufen. Die Causa ist berichtspflichtig, das bedeutet, dass sie in jedem Fall vor einer allfälligen Anmeldung von Rechtsmitteln mit der Oberstaatsanwaltschaft und mit dem Ministerium Rücksprache halten muss.
Wolfgang Flöttls Ehefrau Anne Eisenhower ist selbst auch zum Urteilsspruch angereist, sie will mit ihrem Mann wieder zurück in die USA und sie äußert vor allem einen Wunsch: "Back to a normal life."

Weitere Verfahren anhängig

Noch offen sind die zivilrechtlichen Verfahren. So versucht der ÖGB, Schadenersatz für das BAWAG-Desaster einzuklagen - von Elsner, Zwettler, Fritz Verzetnitsch und weiteren ehemaligen BAWAG-Managern. Auch die BAWAG versucht, Geld etwa von Flöttl zurückzuholen. Dieses Verfahren ruht so lange, bis die Urteile im Strafprozess rechtskräftig sind, so Flöttls Verteidiger Herbert Eichenseder.

Auch die Privatanklage gegen Helmut Elsner befindet sich derzeit noch "in Schwebe", wie bei Gericht betont wird. Hier geht es um die Pensionsabfindung Elsners, die sich die BAWAG zurückholen will. Bei der BAWAG heißt es, man wolle zunächst die Rechtskraft der Urteile im Strafprozess abwarten und dann entscheiden, ob man die Privatanklage weiterverfolgt oder nicht.