Israel-Wahl: Personelles spannender als Inhalte
Am 22. Jänner wird in Israel ein neues Parlament gewählt. Premierminister Benjamin Netanjahu und seine Likud-Partei stehen laut Umfragen vor einem weiteren Wahlsieg. Konkurrenz gibt es für die rechtskonservative Partei nur von noch weiter rechts.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 28.12.2012
ORF-Korrespondent Ben Segenreich berichtet aus Israel.
Soziale Probleme kein Thema in der Politik
Keine vier Wochen sind es mehr bis zu den israelischen Parlamentswahlen und es geht schon recht turbulent zu, obwohl es kein wirklich dominantes Thema gibt und obwohl es so gut wie sicher ist, dass der jetzige Premier Benjamin Netanjahu auch die nächste Regierung bilden wird. Als im Oktober der Wahltermin fixiert wurde, hätte man noch meinen können, dass vielleicht die Sozialproteste bei den Politikern Wirkung zeigen würden und dass man diesmal in den Reden mehr über die hohen Wohnungsmieten hören könnte oder über Pläne, auch die streng Religiösen zum Armeedienst zu verpflichten.
Doch dann kamen die kriegerische Konfrontation mit der Hamas im Gazastreifen und die Aufwertung der Palästinenser bei der UNO und nun spricht man wieder über Sicherheit, Siedlungen im Westjordanland und nahostpolitische Positionen. Netanjahu lässt sich schon als Sieger feiern: "In den letzten Jahren haben wir viel getan, um die Siedlungen zu stärken, und in den nächsten vier Jahren werden wir die Siedlungen weiter stärken."
National-religiöse Partei im Kommen
Dabei hat Netanjahu vielleicht einen taktischen Fehler begangen. Seine rechtskonservative Likud-Partei hat sich für diese Wahlen mit der weiter rechts stehenden Partei des bisherigen Außenministers Avigdor Lieberman vereinigt. Jetzt zeigt sich, dass die beiden Parteien mit der gemeinsamen Liste deutlich weniger Mandate bekommen als sie zusammengerechnet bei einer separaten Kandidatur bekommen hätten.
Mit ein Grund dafür ist, dass eine weitere Rechtspartei plötzlich im Kommen ist. Die National-Religiösen, für die auch viele Siedler stimmen, erleben unter ihrem neuen jungen Chef Naftali Bennett eine Renaissance und liegen in den Umfragen schon auf Platz drei.
Mitte-Links-Parteien gehen aufeinander los
Mehr als die Inhalte sorgen die personellen Bewegungen für Interesse und Unterhaltung. Lieberman musste wegen einer Korruptionsanklage vom Amt des Außenministers zurücktreten und kann wahrscheinlich nicht in der nächsten Regierung sitzen. Der jetzige Verteidigungsminister Ehud Barak beendet seine politische Karriere. Die frühere Außenministerin Zipi Livni ist in die Politik zurückgekehrt und tritt mit einer neugegründeten Partei an. Der frühere Verteidigungsminister Amir Peretz ist von der Arbeiterpartei zu Livni übergelaufen.
Die verschiedenen Mitte-Links-Parteien verspritzen nun gegeneinander beinahe mehr Gift als gegen Netanjahu, der ihr gemeinsamer Gegner ist.
Comeback für die Arbeiterpartei möglich
Klare Nummer zwei in den Umfragen und damit stärkste Anti-Netanjahu-Kraft ist aber die gute, alte Arbeiterpartei, die sich nach vielen mageren Jahren wieder erholt hat. Ihre Chefin ist die frühere Journalistin Schelly Jachimowitsch, und sie verbreitet Zweckoptimismus: "Netanjahu ist nicht zum König gesalbt. Er ist ein Politiker, man kann ihn stürzen und heute ist die Arbeiterpartei die Alternative zu ihm. Ich sage nicht, dass das leicht sein wird, aber es ist absolut möglich."
Letztlich werden die Wahlen in Israel durch die Größe der Blöcke entschieden. Die Rechten und Religiösen zusammen halten vorläufig ihren Vorsprung vor den Mitte- und Linksparteien. Doch ein bisschen spannend könnte es dennoch werden. Es gilt nämlich als denkbar, dass Netanjahu nach der Wahl seine religiösen Partner fallen lässt und sich zu einer großen Koalition mit der Arbeiterpartei entschließt. Das würde in der israelischen Politik einiges verändern.
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