Wahlkampf auf Italienisch
In Italien sind es noch 35 Tage bis zu den Parlamentswahlen. Der Wahlkampf ist längst in vollem Gange. Medienzar und Milliardär Silvio Berlusconi ist nach einem Jahr Abwesenheit von der politischen Bühne wieder da und kämpft mit seinen altbekannten Waffen und einer offenbar unerschöpflichen Energie um eine Rückkehr an die Macht.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 19.1.2013
Berlusconi vs. Monti
Es vergeht in diesem Land seit geraumer Zeit kein Tag mehr, an dem er nicht in mindestens zwei Fernsehsendungen auftaucht. Wer geglaubt hat, Silvio berlusconi habe unter dem Druck seiner Skandale, Prozesse und seiner 76 Jahre an Kraft eingebüßt, sieht sich eines Besseren belehrt: Im Rampenlicht ist der Cavaliere in seinem Element. Unermüdlich frischt er seine alten Botschaften auf. Die wichtigste: Er will die Steuern senken. Dann die Justiz reformieren und die Rezession in Wachstum verwandeln, wenn es sein muss, mit einer Rückkehr zur Lira. Mit Halbwahrheiten und Behauptungen weist Berlusconi ohne mit der Wimper zu zucken jede Verantwortung an der italienischen Misere weit von sich. Nicht er, sondern Mario Monti habe Italien in die Rezession geführt: "Wir sind alle auf ihn reingefallen. Wir hatten gehofft, dass dieser Herr das ist, was er vorgab. Aber nein!"
Mario Monti ist Berlusconis Hauptfeind im Wahlkampf. Beide werben um Italiens konservative Wähler. Zum Wahlkämpfer mutiert schlägt der nüchterne Professor eiskalt zurück: "Er erinnert mich an den Rattenfänger von Hameln, an die Mäuslein, die der Faszination - die ja zweifellos besteht - erliegen und im Fluss ertrinken." Eben deshalb, legt Monti nach, habe er sich in die politische Arena begeben: um die Rückkehr eines aufgeblähten Illusionisten zu verhindern.
In den Meinungsumfragen liegt Berlusconi noch immer deutlich hinter den Sozialdemokraten, die mit rund 35 Prozent führen. Aber der Medienzar legt zu und niemand wagt derzeit eine ernsthafte Prognose. Mario Monti und seine Zentrumsallianz folgen auf Platz drei. Sie liebäugeln mit einer Regierungskoalition mit den europafreundlichen Sozialdemokraten.
Bersani im Schatten
Und weil die Frage, wer Italien nach der Wahl aus der Schuldenkrise führt, ganz Europa angeht, beobachtet Brüssel mit Sorge. "Monti ist unser Kandidat", hat der Chef der europäischen Volkspartei (EVP), unlängst verlautbart. Eine Einzelmeinung giftet Berlusconi und hat neue Nahrung für seinen Groll auf Europa.
Im Schatten des Duells Berlusconi-Monti hält sich der Chef der Sozialdemokraten, Pierluigi Bersani, bis jetzt zurück. Er appelliert an das Gedächtnis der Italiener und richtet Berlusconi und seinen Getreuen über die Medien aus: "Nein, ihr werdet nicht zurückkehren! 20 Jahre lang habt ihr die italienische Politik bestimmt, 10 Jahre lang habt ihr zuletzt regiert und den ganzen Karren in den Dreck gefahren. Nicht ihr holt uns da heraus, nicht ihr, das ist unmöglich!"
Und dann ist da noch der Antipolitiker und EX-Komiker Beppe Grillo. Seine Protestbewegung hat Stimmen eingebüßt, seit Berlusconi wieder das Feld beherrscht. Aber noch ist Wahlkampf und alles ist offen.