Immofinanz-Prozess: Angeklagte belastet

Beim Immofinanz-Prozess haben heute mehrere Zeugen die Angeklagten schwer belastet. Ein Nationalbankprüfer und eine Mitarbeiterin der Finanzmarktaufsicht berichteten von möglichen Bilanzmanipulationen durch Scheinrechnungen. Und was die angeklagte Millionenbereicherung der Ex-Vorstände durch Optionsgeschäfte betrifft, hat ein Ex-Aufsichtsrat die wichtigste Verteidigungsstrategie ins Wanken gebracht.

Mittagsjournal, 29.1.2012

Vertrauensverlust

Das war eine große Untreue und ein großer Vertrauensverlust – unvorstellbar, sagt Christine de Castelbajac soeben hier vor Gericht - über die angeklagte Bereicherung von zwei Ex-Vorständen und einem Aufsichtsratsmitglied durch sogenannte Aktienoptionsgeschäfte.

Castelbajac ist Tochter und Erbin des Industriellen Herbert Turnauer, der die Constantia Bank und letztlich auch die Immofinanz gegründet hatte, sie war lange die de facto Haupteigentümerin der Bank.

Kein Aufsichtsratsbeschluss

Vor ihrer Aussage hat schon Thomas Uher, Erste-Bank-Vorstand und Ex-Aufsichtsrat in der Constantia Privatbank eine zentrale Argumentation der Hauptangeklagten in Zweifel gezogen. Sie rechtfertigen die ihnen vorgeworfene Bereicherung nämlich damit, dass ihre gewinnbringenden Aktiengeschäfte in Millionenhöhe durch einen Aufsichtsratsbeschluss der Immofinanz gerechtfertigt gewesen seien. Doch Uher sagt als Zeuge, ein Aufsichtsratsbeschluss der Constantia-Bank wäre auch nötig gewesen und habe jedenfalls gefehlt. Zumal 2006 ein Verlust von 7 Millionen Euro durch die angeklagten Aktiengeschäfte in der Constantia Thema gewesen sei. Und als Uher damals nachgefragt hat, hat er vom angeklagten Vorstand Karl Petrikovics offenbar eine unwahre Antwort bekommen: Der 7 Millionen Verlust stamme aus Kundengeschäften. Laut Anklageschrift aber war der sogenannte Kunde ein Treuhänder, und über ihn sollen insgesamt mehr als 20 Millionen unrechtmäßig an Petrikovics, einen zweiten Vorstand und einen angeklagten Aufsichtsrat geflossen seien.

Auch Christine de Castelbajac sagt, es sei ihr die Unwahrheit gesagt worden über den wahren Hintergrund der Optionsgeschäfte. Und sie habe nie etwas gewusst von irgendeinem Aufsichtsratsbeschluss, der die Aktiengeschäfte gerechtfertigt hätte.

Fragwürdige Vorgänge

Zuvor hatten schon eine Nationalbankmitarbeiterin und ein Mitarbeiter der Finanzmarktaufsicht fragwürdige Vorgänge in der Constantia Bank und ihren Tochterfirmen aufgezeigt. Demnach seien immer wieder vor Jahresende durch mutmaßliche Scheinrechnungen Gelder verschoben worden zwischen Tochterfirmen der Constantia Bank – offenbar um Gewinne und Verluste zu verschieben und steuerlich zu optimieren. Nach dem Jahreswechsel, seien die mutmaßlichen Scheinrechnungen dann wieder storniert worden.

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist eine heute zitierte Aussage des angeklagten Aufsichtsrats. Der hat in der Vorwoche gemeint Das einzig sichere in einer Bilanz eines großen Konzerns sei "Cash und vielleicht die Schulden, alles andere sei 'irgendwie'", In allen Unternehmen werde steuerlich optimiert. Und wenn man "nur mit dem Aktiengesetz und dem Bankwesen-Gesetz herumgehe, würde man keine Gewinne machen, so der Angeklagte. Aber es gilt freilich die Unschuldsvermutung und heute werden noch weitere Zeugen befragt.