"Im Journal zu Gast": Christoph Waltz

Robert de Niro, Alan Arkin, Tommy Lee Jones - mit diesen Namen auf der Oscar-Liste zu stehen, ist für Christoph Waltz "eigentlich schon genug", wie der Oscar-Kandidat am Vortag der Preisverleihung in Los Angeles zugibt. Dennoch hat er im Ö1 Interview "Im Journal zu Gast" nichts dagegen, wenn man ihm für die Oscar-Nacht die Daumen drückt.

Christoph Waltz

(c) ARRIZABALAGA, EPA

Mittagsjournal, 23.2.2013

Christoph Waltz "im Journal zu Gast" bei Hannelore Veit

Über das Begleichen offener Rechnungen

Christoph Waltz pendelt zwischen Los Angeles, London, Berlin und Wien - wo ist er zuhause? "Zuhause bin ich in Wien, aber da bin ich fast nie." Auch wenn er die österreichische Staatsbürgerschaft erst seit einigen Jahren hat, ist Waltz "ein Österreicher durch und durch". Waltz: "Ich bin in Wien geboren, aufgewachsen und in die Schule gegangen, studiert, habe meine Karriere begonnen, habe alles, was einen Menschen ausmacht, eigentlich in Wien erlebt. Ich hatte einfach nur einen deutschen Pass, weil mein Vater Deutscher war. Und wie ich geboren wurde, hat keiner gefragt, was man werden will. Sondern da wurde man das, was der Vater war und basta."


Seine aktuelle Berühmtheit mit Auftritten in den beliebtesten US-Talkshows sieht Waltz zurückhaltend: "Es kommt mir sehr gelegen, dass ich keine 25 mehr bin, weil dann würde ich das mit einem behaupteten Status quo verwechseln. Und das ist es ja nicht. Das sind so die Amplituden, die Spitzen. Den Alltag verbringt man natürlich anders." Dass er praktisch über Nacht zum Star geworden ist, sieht Waltz mit zugegebener Freude: "Es hat einmal ein Produzent gesagt, 'ja, der Waltz, für schrullige Nebenrollen vielleicht'. Ich hab's nicht vergessen. So ein bisschen gibt's bei mir die offene Rechnung und die begleiche ich jetzt auf meine Art. Und, das muss ich gestehen, tut mir ganz gut." In Hollywood stünden jetzt Türen offen, von denen er früher nicht einmal gewusst hätte, dass es sie gibt.

Drehbuch auf den Leib geschrieben

Dass ihn Regisseur Quentin Tarantino nach "Inglorious Basterds" mit "Django Unchained" zu einem zweiten Streifen geholt hat, führt Waltz darauf zurück, dass es beim ersten Mal eben gepasst hat. Dass er früh ins Schreiben des Drehbuchs eingebunden war, weist er zurück: "Ich hab's nur früh zu sehen bekommen." Aber dass Tarantino das Drehbuch für ihn geschrieben hat, bestätigt er schon: "Ja, von Anfang an, und das war auch nie versteckt." Kommentare dazu habe er vermieden, "mich interessieren seine Ideen. Mir macht das größten Spaß, das was andere sich ausdenken, wirklich zum Funktionieren zu bringen." Waltz stimmt zu, dass man sein Verhältnis zu Tarantino als perfekte Symbiose bezeichnen könnte.


Dabei wollte Christoph Waltz gar nicht bewusst Schauspieler werden: "Überhaupt nicht. Ich bin's geworden aus Mangel an Phantasie, weil mir nichts Besseres eingefallen ist." Der Film sei dann sein vornehmliches Interesse geworden, ans Medium Theater habe er nie wirklich geglaubt. Ursprünglich habe er Kameramann werden wollen, ihn habe die Technik interessiert.

Wackelige Projekte

Bei allen Erfolgen in Hollywood kann sich Waltz durchaus vorstellen, auch in einem österreichischen Film mitzuwirken. "Natürlich. Wenn es das Richtige ist, zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Menschen, dann natürlich." Mit eigenen Projekten hat Waltz offenbar weniger Glück: Er selbst habe mehrere Regieprojekte begonnen, die allerdings "eingegangen sind an mir nicht ganz nachvollziehbaren Dingen, im Prinzip an Bürokratie." Auch das aktuell nächste Projekt "Rejkjavik", in dem Waltz den sowjetischen Reformstaatschef Michail Gorbatschow spielen soll, stehe finanziell an der Kippe. "Da wird grade wie wild verhandelt".

Die Rolle von Entertainment

Angesprochen auf das Thema von "Django Unchained", Sklaverei und Rassismus, lässt Waltz seine aktuelle Wahrnehmung in den USA offen: Er beobachte, dass viele Rassismusvorwürfe eine Behauptung seien, "die dadurch erst zum Rassismus wird." Als interessant bezeichnet Waltz dabei den "verkehrten Rassismus", und meint damit eine politische Korrektheit, "die so weit geht, dass sie plötzlich sich selbst wieder beim Hintertürl hereinkommt." Gesellschaftlich betrachtet sieht Waltz große Unterschiede in der Wahrnehmung von Entertainment zwischen den USA und Europa: "Entertainment hier in den USA hat ein kulturelles Gewicht und eine Schlagkraft, die es bei uns überhaupt nicht hat. Bei uns ist Entertainment ein Aspekt, hier ist es die Definition der Kultur und des sozialen Diskurses." Die österreichische Politik will er nicht kommentieren.