Frauenquote: Justizsprecher gegen ÖVP-Linie

Ganz gegen die Linie seiner zuständigen Ministerin ist ÖVP-Justizsprecher Michael Ikrath: Er fordert auf seiner Facebook-Seite: "Genug des Wartens - eine Quote muss her!" Er bezeichnet die EU-Forderung, 40 Prozent der Aufsichtsratsposten mit Frauen zu besetzen als sinnvoll. Zeichnet sich hier parteiintern ein Umdenken ab? Derzeit schaut es eher nicht danach aus.

Mittagsjournal, 8.3.2013

Ikrath: Quote in Unternehmen bei rund 10 Prozent

Genug des Wartens, eine Quote muss her! Mit diesen Worten betitelt ÖVP-Justizsprecher Michael Ikrath auf seiner Facebook-Seite seinen Beitrag zum Frauentag. Der Vorschlag der EU-Kommission, bis 2020 eine Frauenquote von 40 Prozent in Aufsichtsräten großer börsennotierter Unternehmen einzuführen, sei sinnvoll. Das Potenzial qualifizierter Frauen bleibe ungenutzt, und wörtlich schreibt er: wir brauchen eine Quote, denn ohne Quote dauert mir das zu lange.

Denn trotz jahrelanger Diskussion liegt der Frauenanteil in heimischen Aufsichtsräten der Top 200 Unternehmen bei bescheidenen 11 Prozent, bei börsenotierten Unternehmen gar bei 9 Prozent. Und das liegt nicht am Mangel an qualifizierten Frauen, sondern daran, dass nach ihnen gar nicht ausgeschaut wird, schreibt Ikrath auf Facebook, ein Radio-Interview wollte er zu diesem Thema nicht geben.

Mitterlehner lehnt ab

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) reagiert höflich, aber ablehnend auf den Vorstoß des ÖVP-Justizsprechers. Das sei eine respektable Meinung, die er aber nicht teile.

Quoten in der Privatwirtschaft um mehr Frauen in Aufsichtsräte zu bringen - davon will Mitterlehner nichts wissen. Er sehe den Handlungsbedarf. Er glaube aber, dass man mit Anreizen dasselbe Ziel erreiche. Er respektiere die Selbständigkeit der Privatunternehmen.

In den letzten Jahren sei schon Bewegung in die Sache gekommen, so Mitterlehner. Der Bund gebe ein stimmiges Beispiel mit einer Quote von 33 Prozent. 2018 wolle man bei 35 Prozent sein. In seinem Ministerium werde das vorgelebt. "Derjenige, der das in Facebook schreibt, kann das im eigenen Unternehmen auch vorleben. Da sehe ich durchaus noch Möglichkeiten, was diesen Betrieb anbelangt.“ So Mitterlehners Seitenhieb in Richtung Ikrath, der neben seiner parlamentarischen Tätigkeit auch Sparkassen-Generalsekretär ist.

Vorerst also keine Quote für Privatunternehmen, aber wenn sich bis zum Jahr 2018 nichts tut, dann könnte man darüber nachdenken. Die Interessensvertretungen müssten sich dann damit auseinandersetzen, ob sie eine Quote wollen.

Aber: es sei das letzte Mittel, wenn alles andere nichts gefruchtet habe. Derzeit ist eine Quote für Mitterlehner ein Eingriff in die Privatsphäre der Unternehmungen, den er nicht unterstützen wolle.