Zyperns Wirtschaft lebt nicht nur von den Banken
Der Wirtschaft Zyperns stehen große Änderungen bevor. Der Bankensektor wird drastisch gestutzt, die zweitgrößte Bank des Landes wird geschlossen, das größte Geldhaus muss deutlich verkleinert werden. Auch in Österreich beschäftigen sich Bankexperten intensiv mit Zypern und auch Griechenland. Sie sagen: Zypern lebt nicht nur vom Bankgeschäft.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 25.3.2013
Zirka fünf Prozent der Beschäftigten im Bankensektor
Urlaubsziel und Steueroase - dieses Bild haben wir in den letzten Wochen von Zypern bekommen. Doch Zypern lebt nicht vom Bankgeschäft allein, erklärt Bank Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer: "Ungefähr fünf Prozent der Erwerbstätigen arbeiten im Bankensektor, das ist nicht viel mehr als in Österreich. Allerdings verdienen die relativ gut und erwirtschaften knapp unter zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes, was doppelt so viel wie in Österreich ist."
18.000 Menschen arbeiten auf Zypern im Bankenbereich, einem Teil davon droht nun die Entlassung. Doch von einer Massenarbeitslosigkeit könne keine Rede sein, meint Bruckbauer: "Es gibt eine Gruppe, die relativ gut an diesem Modell verdient hat, und das hat natürlich im Durchschnitt Zypern geholfen, aber es ist jetzt nicht so, dass dort die Hälfte der Bevölkerung vom Bankensektor abhängig war."
Auswirkungen für Bevölkerung in anderen Ländern schlimmer
Die Bedeutung des Bankbereichs für die Wirtschaft Zyperns werde überschätzt, sagt der Bank Austria-Chefökonom. Im Land wird sich in Zukunft manches ändern, doch die Auswirkung des Rettungspakets werde bei weitem nicht so dramatisch sein wie zum Beispiel in Griechenland, wo der Großteil der Bevölkerung durch Steuererhöhungen, Einsparungen und Beamten-Entlassungen betroffen ist.
Auch in Zypern müsse man mit Steuererhöhungen rechnen, meint Bruckbauer, aber: "Ich glaube trotzdem, dass die Folgen möglicherweise geringer sind als bei anderen Ländern, die ebenfalls massive Sparanstrengungen unternehmen müssen. Denken Sie an Portugal, Spanien – ich glaube, dass dort die Bevölkerung viel mehr von den Sparmaßnahmen betroffen ist als es wahrscheinlich auf Zypern der Fall sein wird."
Region auch weiterhin interessant
Das Geschäftsmodell der zypriotischen Banken, diskreter Hafen auch für Geld zwielichtiger Herkunft zu sein, gehört nun wohl der Vergangenheit an. Doch das Fachwissen könnte auch künftig genützt werden. "Diese Region ist ja trotzdem eine sehr interessante Region. Know-how und die Möglichkeit, Service anzubieten, hat man ja weiterhin", so Bruckbauer.
Bemerkenswert findet es der Bank Austria-Chefökonom übrigens, dass bis Anfang des Jahres praktisch kein Geld von Zypern abgezogen worden ist: "Was wirklich extrem erstaunlich ist, denn im Sommer 2012 wurde vonseiten der Europäischen Bankenaufsicht amtlich bestätigt, dass die zwei großen Banken pleite sind und sie Kapital brauchen. Trotzdem waren die Einleger offensichtlich sehr gelassen oder hatten andere Gründe, ihr Geld dort zu behalten."
Das könnte an den vergleichsweise hohen Zinsen liegen, vermutet Bruckbauer, oder an anderen Gründen, warum man die Einlagen nicht abziehen konnte oder wollte. Von den insgesamt rund siebzig Milliarden Euro Einlagen auf zypriotischen Banken stammt übrigens fast die Hälfte aus Zypern selbst.