Das Bankgeheimnis - eine Heilige Kuh

Zum Schutz der Sparer sei das Bankgeheimnis unbedingt notwendig, sagt die Politik. Es diene dem Schutz von Schwarzgeld und Steuerhinterziehern, sagen die Kritiker. Wen also schützt das Bankgeheimnis wirklich? Oder ist es nicht mehr als ein Mythos?

Mittagsjournal, 8.4.2013

Geheimnis kann aufgehoben werden

Das Bankgeheimnis in Österreich schützt grundsätzlich vor neugierigen Blicken der Behörden. "Privatsphäre bei unbescholtenen Bürgern schützen" nennen das Banken in ihren Erklärungen. Anders als in Deutschland, denn dort dürfen seit 2005 Behörden wie Sozialämter, Jugendämter und Arbeitsagenturen auf Verdacht jederzeit die 500 Millionen Konten der rund 60 Millionen Bankkunden abfragen.

In Österreich ist das Bankgeheimnis aber kein absolutes: Es wird dann aufgehoben, wenn es einen Gerichtsbeschluss gibt, etwa in Verlassenschaftsverfahren oder weil der Verdacht der Geldwäsche oder des Steuerbetrugs besteht. Dann muss das Konto innerhalb von fünf Tagen geöffnet werden. Der Betroffene kann darüber informiert werden - muss aber nicht.

Keine automatische Datenweitergabe

Das gilt für Österreicher, komplizierter wird es bei ausländischen Kontoinhabern. Österreich weigert sich nämlich, automatisch Daten weiterzugeben, wie es die EU-Kommission will.

Geändert hat man das Bankgeheimnis aber im Jahr 2009: Ausländische Behörden haben mit dem Amtshilfedurchführungsgesetz mehr Möglichkeiten bekommen, auf Daten aus Österreich zuzugreifen. Das ist auf Druck der OECD passiert, Österreich war zuvor auf die "Graue Liste" der Steueroasen gekommen. Diese Verfahren sind aber kompliziert und langwierig. Es ist ein Gerichtsbeschluss notwendig, der Betroffene kann Einspruch erheben, das kann bis zu den Höchstgerichten gehen, dadurch sind Fristen in Frage gestellt, sagen Kritiker.

EU-Steuerkommissar macht Druck

Der Knackpunkt ist der sogenannte automatische Informationsaustausch, den Österreich und Luxemburg ablehnen. Er wäre das endgültige Ende des Bankgeheimnisses. Österreich und Luxemburg weigern sich bisher, der EU-Kommission ein Verhandlungsmandat für ein Abkommen zu geben.

EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta drängt seit dem Frühjahr 2011 Luxemburg und Österreich dazu, der Brüsseler Behörde das Verhandlungsmandat gegenüber der Schweiz und vier weiteren Drittländern über die Reform der Zinsbesteuerungsrichtlinie zu erteilen. Österreich hebt nun eine sogenannte Quellensteuer auf die Zinserträge ausländischer Sparer ein und überweist Dreiviertel davon an deren Heimatland. Das waren zu Beginn 20 Prozent, seit Mitte 2011 sind es 35 Prozent auf die Zinsen von Bankkonten, andere Finanzformen sind davon nicht betroffen.
Und es werden keine konkreten Daten über den Kontoinhaber weitergegeben.

Bankgeheimnis ist Verfassungsgesetz

Nicht verwechseln darf man das Bankgeheimnis mit der Anonymität des Sparbuchs - die wurde schon 2002 auf Druck der EU aufgehoben. Das heißt, die Bank muss jedes Konto jemandem zuordnen können.

Leicht zu rütteln ist am Bankgeheimnis nicht: Seit den 1970er Jahren unter Bruno Kreisky ist es in Österreich im Verfassungsrang. Das bedeutet, es kann nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament geändert werden.