"Green Jobs" - kaum Chancen für Frauen

"Green Jobs" gelten in Zeiten der Wirtschaftskrise als Wundermittel: Sie sollen den Konjunkturmotor ankurbeln, gut bezahlte Arbeitsplätze bieten und nebenher auch noch die Gesellschaft umweltfreundlicher machen. Aber nur für ganz wenige Beschäftigte bedeutet ein "Green Job" tatsächlich, eine gute Arbeit zu haben - und darunter sind fast keine Frauen, zeigt eine aktuelle Studie.

Mittagsjournal, 9.4.2013

Zweifelhafte Statistik

Vom Windkraft-Techniker über die Müllabfuhr bis zur Bäuerin: 210.000 Menschen arbeiten laut Umweltministerium derzeit in Österreich in einem "Green Job". Darunter versteht man grob gesagt alle Arbeitsplätze, die in irgendeiner Form dem Umweltschutz dienen und meist mit Eigenschaften wie interessant, technisch und gut bezahlt in Verbindung gebracht werden. Aber nur rund sechs Prozent der "Green Jobs" wiesen tatsächlich diese Merkmale auf, erklärt die Soziologin Beate Littig vom Institut für Höhere Studien (IHS) in Wien. Und zusätzlich spießt es sich bei den "Green Jobs" an den gleichen Chancen für Männer und Frauen. Zwar gehören nicht nur klassische Bereiche wie Energiewirtschaft und Abfallentsorgung zum grünen Teil der Wirtschaft.

Auch Branchen mit traditionell hohem Frauenanteil wie der Handel und der Tourismus werden dazugerechnet, weil auch sie Umsatz mit umweltrelevanten Produkten wie Öko-Urlauben machen. Dennoch könne die einzelne Frau kaum von einer Etikettierung ihrer Arbeit als "Green Job" profitieren, so Beate Littig: Denn ob die Kassiererin im Supermarkt ein Bio-Joghurt oder ein normales über den Scanner zieht, mache in der Arbeitsplatzqualität keinen Unterschied. Auch im Tourismus verhilft das Label "Green Job" allein Frauen noch lange nicht zu einem besseren Arbeitsplatz. "Wenn ein Zimmermädchen grüne Putzmittel verwendet, ist das zwar erfreulich, aber auch da ist die Frage, ob das ausreicht, einen Green Job zu machen."

Freiwillig ist zu wenig

Es brauche Fördermaßnahmen für Frauen, meint IHS-Soziologin Beate Littig. Man müsse bei der Ausbildung ansetzen, um Mädchen und junge Frauen für technische Fächer zu interessieren. Darüber hinaus sei es aber auch notwendig, öffentliche Förderungen an Gleichberechtigung zu koppeln. So könnten Betriebe den Zuschlag bekommen, die Frauenförderpläne verwirklicht haben, und das beträfe dann auch den Umweltsektor, so Littig.

In anderen Bereichen wie etwa der Forschungsförderung seien solche Vorgaben längst Realität. Wenn man es ernst meine mit Geschlechtergleichstellung in der angeblichen Wachstumsbranche der "Green Jobs", seien solche Maßnahmen nötig. Freiwillige Vereinbarungen greifen schlicht zu kurz, meint die Soziologin.

Service

Die Soziologin Beate Littig hält zur Frage "Green Job = Gute Arbeit?" Mittwochabend einen Vortrag in Wien. Alle Angaben zum Vortrag sowie das Interview in Langform unter science.ORF.at