Bankgeheimnis: "EU-Recht ist stärker"

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) will verfassungsrechtlich prüfen, ob Diskriminierung vorliegt, wenn bei Ausländern Kontodaten weitergegeben werden und bei Inländern nicht. Der Innsbrucker Rechtsexperte Walter Obwexer meint dazu, EU-Recht sei ohnehin stärker als die Verfassung. Eine Ungleichbehandlung sieht er im Ö1-Interview nicht.

Betontreppe

(c) dpa

Morgenjournal, 10.4.2013

Verfassungs- und Europarechtsfachmann Walter Obwexer von der Uni Innsbruck im Gespräch mit Wolfgang Wittmann

"Verfassung nützt nichts"

Die österreichische Verfassung schütze vor dem vom EU-Recht vorgesehenen Datenaustausch nicht, sagt Obwexer: "Wenn das EU-Recht einen automatischen Datenaustausch für nicht in Österreich steuerpflichtige Kontoinhaber vorschreibt, dann nützt es Österreich wenig oder gar nichts, wenn das Bankgeheimnis im Verfassungsrang steht", so Obwexer. Denn das EU-Recht stehe über dem österreichischen Recht und auch über dem Verfassungsrecht.

Inlands-Bankgeheimnis liegt bei Österreich

Gegen eine Besserstellung der Steuerinländer spricht aus EU-rechtlicher Sicht aber nichts, sagt Obwexer: "Die EU kann nur den Datenaustausch im grenzüberschreitenden Verhältnis vorschreiben, und nicht innerhalb Österreichs. Ob Österreich jetzt am Bankgeheimnis für die inländischen Steuerpflichtigen festhält oder nicht, ist grundsätzlich eine Entscheidung Österreichs." Politischen Druck könnte es zwar geben, aber unionsrechtlich gebe es keine Handhabe, so der Innsbrucker Rechtsexperte.

Unklarheit im Detail

Probleme könnte es aber in Sonderfällen geben, wenn Österreich den automatischen Datenaustausch einführt, gibt Obwexer zu bedenken. Er nennt als Beispiel den Fall eines österreichischen Staatsbürgers, der in Deutschland der Steuerpflicht unterliegt und nicht in Österreich: "Der könnte sich jetzt in Österreich auf den Gleichheitssatz und die österreichische Bundesverfassung stützen und geltend machen: Warum werden meine Kontodaten der Steuerbehörde übermittelt, während die Kontodaten von Steuerpflichtigen in Österreich weiterhin grundsätzlich geschützt sind. Und dann hätte der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden, ob diese Ungleichbehandlung der inländischen Steuerpflicht gegenüber der Steuerpflicht in anderen EU-Mitgliedsstaaten mit der österreichischen Bundesverfassung kompatibel ist." Obwexer geht aber davon aus, dass der Verfassungsgerichtshof diese Ungleichbehandlung als sachlich gerechtfertigt ansehen würde.