Mythos Bankgeheimnis nützt der Politik

Das österreichische Bankgeheimnis ist mit einem Mythos verbunden, dass dadurch das eigene Geld geschützt ist, sagt der Wirtschaftspsychologe Erich Kirchler. Eine Lockerung oder gar Abschaffung des Bankgeheimnisses würde jedenfalls Befürchtungen vor Kontrollverlust oder dem gläsernen Menschen wecken - und die Politik scheint diese wahrscheinlich unbegründeten Befürchtungen zu nutzen.

Morgenjournal, 10.4.2013

Bedrohte Freiheit

Über Geld spricht man nicht gern, sagt Kirchler, und vor allem nicht über das eigene Geld. Der Mythos Bankgeheimnis signalisiere für Viele, das eigene Vermögen vor den Augen anderer schützen zu können, so Kirchler. Mit diesem Mythos werde aber auch das Gefühl vermittelt, die Kontrolle darüber selbst zu haben. Das machten sich Politiker indirekt zunutze: Wenn sie beteuerten, dieses Geheimnis vor der EU oder den USA zu schützen, suggerierten sie, dass etwas sehr Österreichisches bewahrt würde: "Wenn Außenstehende wie die EU nach einer Veränderung drängen, dann entsteht sehr schnell ein Druck in der Bevölkerung, sich verteidigen zu müssen. Dieses Gefühl, in der Psychologie Reaktanz genannt, entsteht immer dann, wenn die eigene Freiheit bedroht zu sein scheint, und jeder Versuch unternommen wird, die frühere Freiheit und Autonomie wieder herzustellen."

Politiker als Schutzschilder

Die Politiker machten sich die Befürchtungen der Menschen zunutze und versuchten, sich als Schutzschilder darstellen. Langfristig wäre aber eine sachliche Diskussion über das Bankgeheimnis sinnvoll. Denn das Bankgeheimnis sei nur ein vermeintlicher Wert, sagt der Psychologe Erich Kirchler. Er geht davon aus, dass wenig passieren würde, wenn den Menschen das Bankgeheimnis einfach genommen würde. Aber die Diskussion sei aufgeheizt und mit Gefühlen der Angst und des Kontrollverlustes verhaftet, die aufgegriffen und als nicht berechtigt argumentiert werden müssten.