Putin will Russland zum Finanzplatz machen
Die jüngste Zypernkrise, das krisengeschüttelte Bankensystem in Europa und der globale Kampf gegen Offshore-Zonen und Steueroasen könnten Grundlage für die Schaffung ganz neuer Finanzzentren sein - zum Beispiel in Russland. Das hofft zumindest die russische Staatsführung bis hinauf zu Präsident Putin.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 15.4.2013
Putin wirbt um Investoren
Auf rund 31 Milliarden Euro werden die Einlagen geschätzt, die russische Bürger und Firmen auf Zypern deponiert hatten, bevor das Steuerparadies vor dem finanziellen Untergang gerettet werden musste. Nun will die russische Führung das Geld ins eigene Land zurück locken: "Wir sollten darüber nachdenken, eine eigene Offshore-Zone zu gründen", sagt Regierungschef Dmitri Medwedew. Es gäbe viele geeignete Orte, zum Beispiel die Kurilen-Inseln im Fernen Osten. So könnte ein Teil des russischen Kapitals aus Zypern oder anderen Steueroasen wie den Virgin Islands zurückkommen."
Russland leidet unter einem enormen Kapitalabfluss, allein letztes Jahr betrug er über 50 Milliarden Euro. Doch auch internationale Investoren sollen künftig ihr Geld nach Russland tragen. Präsident Putin warb vor kurzem in einem Interview im deutschen Fernsehen mit der niedrigen russischen Einkommenssteuer von 13 Prozent.
"Banale Bedingungen fehlen"
Doch Wirtschaftsexperten reagieren skeptisch. Solche Aussagen seien nichts als Populismus, meint der Finanzanalyst Wladimir Bragin. So sei es nicht die Höhe der Steuern, die Unternehmen in Russland Sorge bereiteten: "Damit Investoren Geld anlegen, braucht es banale Bedingungen, wie das Vertrauen in das eigene Land, eine unabhängige Gerichtsbarkeit, den Schutz des Eigentums und den Kampf gegen die Korruption. In Russland ist dies nicht gegeben."
Finanzzentrum Moskau?
Unterdessen werden nicht nur Offshore-Pläne geschmiedet. Die Stadt Moskau will sich als globales Finanzzentrum positionieren. Dabei will die Stadt nicht mit London oder New York, sondern mit dem Finanzplatz Warschau konkurrieren. Dazu sollen grosse Unternehmen an die Moskauer Börse gelockt werden. Doch auch diese Pläne seien zu ehrgeizig, sagt Finanzanalyst Wladimir Bragin: "Um ein Finanzzentrum zu werden, müsste an der Moskauer Börse ein reger Umsatz herrschen, es müssten interessante Aktien ausgegeben werden. Doch derzeit ist der Markt schwach und internationale Investoren haben bessere Alternativen."
Dennoch bietet Russland für Investoren durchaus Vorteile: Die Staatsschulden sind niedrig, das Budget ausgeglichen und ein mit Ölmilliarden gefüllte Reservefonds würde eine neuerliche Wirtschaftskrise vorerst abfedern. Dennoch, solange die russische Wirtschaft mit der Abhängigkeit vom Ölpreis, der grassierenden Korruption und zuletzt auch der Angst vor einer Rezession Schlagzeilen macht, solange dürften Anleger zögern, ihr Geld in Russland zu investieren.