Expertenskepsis gegenüber Heeresreform
Die Regierung will die Wehrdienstreform zum Nulltarif umsetzen. Experten sind skeptisch. Zumindest 4.000 Systemerhalter sollen in den nächsten zwei Jahren nicht mehr kellnern und Offiziere chauffieren, sondern eine Kampfausbildung erhalten. Wer das ernst meint, der müsse dafür auch Geld bereitstellen, sagt Norbert Sinn, Kommandant der Militärakademie in Wiener Neustadt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 16.4.2013
"Mehr als eine Million Euro"
Die Rechnung ist ganz einfach: Rund 22.000 Grundwehrdiener gibt es pro Jahr, davon dienen derzeit rund 13.000 als Systemerhalter und nur 9.000 als Soldaten bei der Truppe. Dieses Verhältnis soll jetzt umgedreht werden und das heißt, dass zumindest weitere 4.000 Rekruten eine militärische Ausbildung bekommen sollen. Und diese Ausbildung soll attraktiver werden - so wie für die 9000, die schon bisher für die Truppe ausgebildet worden sind. Das könne nie und nimmer kostenneutral gemacht werden, sagt der Kommandant der Militärakademie Generalmajor Nobert Sinn - einer der Bewerber um den freien Posten des Generalstabschefs. Er geht davon aus, "dass es mehr sein wird als die eine oder andere Million".
"Gegenteiliger Effekt"
Der Militärexperte Gerald Karner schlägt in dieselbe Kerbe, er meint, es wäre sogar eine substanzielle Budgeterhöhung notwendig, sonst werde das Reformvorhaben kontraproduktiv. Denn wenn die Ausbildungsgruppe großer werde, könne sich der Ausbildner dem Einzelnen weniger widmet, damit komme es wieder zu Leerläufen und Frustration. "Und das hätte den gegenteiligen Effekt", nämlich alles andere als ein attraktiver Grundwehrdienst. Notwendig wäre laut Karner "mehr Kaderpersonal bei der Truppe, das ist die Forderung, die immer schon erhoben wurde, aber aus budgetären Gründen nie erfüllt wurde"
"Das kann nicht funktionieren"
Und auf der anderen Seite werden dem Heer die Systemerhalter fehlen. Ab Herbst sollen ja 350 ersatzlos gestrichen werden, für die meisten der einzusparenden 4.000 Systemerhalter müsse es aber Ersatz geben, zum Beispiel in den Küchen, hebt Generalmajor Norbert Sinn hervor. Militärexperte Gerald Karner bekräftigt, dass Grundwehrdiener als Systemerhalter für das Heer immer die kostengünstigste Lösung waren: "Fallen die weg, muss ich Leistung zukaufen und das kostet natürlich Geld. Und wenn jetzt die Fortschreibung der Budgets für die nächsten Jahre beschlossen werden soll ohne eine Budgeterhöhung, kann das aus meiner Sicht nicht funktionieren", spielt Karner auf den heute von der Regierung beschlossenen Finanzrahmen an. Tendenz beim ohnehin knappen Verteidigungsbudget: weiter sinkend.
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