Berlakovich: "10 Tonnen Neonicotinoide"

Erstmals beziffert Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) die Menge der in Österreich eingesetzten umstrittenen Neonicotinoide: zehn Tonnen, auch wenn es sich dabei nur um eine Schätzung handelt. Er sei kein Lobbyist der Chemieindustrie, sondern setzte sich für Bauern ein, die auf diese Mittel angewiesen sind, sagt Berlakovich im Mittagsjournal-Interview. Und für ein mögliches Verbot warte er noch auf wissenschaftliche Grundlagen.

Nikolaus Berlakovich

(c) DOLEGA, EPA

Mittagsjournal, 3.5.2013

Umwelt- und Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) im Gespräch mit

AGES-Schätzung: 10 Tonnen in Österreich eingesetzt

"Grundsätzlich ist es absolut notwendig, dass wir hier Transparenz haben", sagt Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP). Das Umweltministerium handle in der Frage der Pestizide auf Basis des Umweltinformationsgesetzes und nach Auskunft der für das Ministerium arbeitenden Juristen gebe es schützenswerte betriebliche Interessen - daher dürften die genauen Daten über die eingesetzten Mengen nicht veröffentlicht werden.

Das Umweltministerium verfüge über Daten, die auf Schätzungen der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) beruhen, erklärt Berlakovich. Demnach würden rund zehn Tonnen Neonicotinoide in Österreich angewendet, Tendenz fallend. Das seien aber nur Schätzungen, so Berlakovich, er sei für eine Novellierung des Umweltinformationsgesetzes, um mehr Transparenz zu schaffen.

"Wissenschaftliche Grundlagen noch nicht fertig"

Berlakovich habe als Umwelt- und Landwirtschaftsminister ein Interesse, dass die Bienen geschützt werden, aber auch ein Interesse, dass bäuerliche Existenzen geschützt werden. Die Neonicotinoide würden gerade von kleinen Landwirtschaften angewendet, so Berlakovich. Das Bienensterben habe verschiedene Ursachen – er wolle wissenschaftliche Grundlagen, ob die Neonicotinoide dafür verantwortlich sind, aber diese seien noch nicht fertig.

Die Europäische Kommission hat dazu eine Studie in Auftrag bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gegeben, die in Grundzügen vorliegt. Berlakovich zitiert daraus: "Die EFSA sagt, bevor endgültige Schlussfolgerungen gemacht werden, müssen noch weitere Versuche durchgeführt werden. Es kann noch nicht mit hohem Maß an Sicherheit gesagt werden, dass die Bewertung erfolgen kann." Erst auf Basis wissenschaftlicher Grundlagen könnten einschneidende Maßnahmen wie Verbote beschlossen werden, so der Umweltminister.

Lobbyisten-Vorwurf "lächerlich"

Man habe bei der letzten Abstimmung in Brüssel einen Kompromissvorschlag eingebracht: ein Verbot der Neonikotinoide, aber mit zeitlich und räumlich begrenzten Ausnahmen. Das habe der EU-Kommissar abgelehnt, daher sei Österreich derzeit "nicht für ein Verbot", sagt Berlakovich.

Der Vorwurf, er sei ein Lobbyist der Chemieindustrie, sei völlig lächerlich, wehrt sich Berlakovich. Ihm gehe es um bäuerliche Existenzen und die würden diese Mittel brauchen. Wenn sich erweisen sollte, dass diese Mittel Schäden verursachen, müsse man natürlich handeln.

"Rücktrittsforderungen wegen Wahlkampf"

Berlakovich kündigt an, ein Wissenschaftlergremium einzusetzen, das die bisher vorhandenen Studien zu den Pestiziden auswerten soll. Außerdem wolle er eine Forschungsarbeit in Auftrag geben, um den Ursachen für das Bienensterben auf den Grund zu gehen.

Rücktrittsforderungen führt der Umweltminister auf den beginnenden Wahlkampf zurück.