Krisenland und Terrorhochburg Jemen

Entführungen im Jemen sind keine Seltenheit
Meistens nehmen Stammesmitglieder ausländische Geiseln, um sie als Faustpfand im Konflikt mit der Zentralregierung zu nutzen. Aber zuletzt gibt es auch zahlreichen Entführugen, die auf das Konto der Al Kaida gehen.

Mittagsjournal, 10.5.2013

Geiselnahmen haben Tradition

In den vergangenen 15 Jahren sind im Jemen hunderte Menschen entführt worden. Der Jemen-Experte des Orient Instituts in Berlin, Sebastin Sons, meint, Entführungen und Geiselnahmen hätten im Jemen schon Tradition:

"Da die Angehörigen der unterschiedlichen Stämme in der Vergangenheit häufig damit Zugeständnisse des Staates erpresst haben. Sie haben Leute entführt, um dann vom Staat einen Grund zu bekommen, die Leute wieder frei zu lassen. Das war ein Mittel der Politik über lange Jahre hinweg. Mittlerweile – durch die Verschärfung der Situation durch die Al-Kaida im Jemen – ist es jetzt viel stärker zu einem Politikum geworden, um mehr Öffentlichkeit zu erreichen, also klassische propagandistische Mittel von dschihadistischen Gruppierungen."

Al Kaida - Verbindungen werden häufiger

Die traditionellen Entführungen gibt es demnach noch immer, aber in den vergangenen Jahren hat es sich verstärkt, dass islamistische Extremisten, die meistens Al Kaida nah sind, diese Geiselnahmen durchführen. Immer öfter bekennen sich nun Extremisten mit Verbindungen zur Al Kaida zu Anschlägen auf jemenitische Soldaten. Das Terrornetzwerk nutzt das unwirtliche Land als geradezu ideales Rückzugsgebiet. Vor fünf Jahren haben Islamisten aus dem Jemen aber auch aus Saudi Arabien die Al Kaida auf der Arabischen Halbinsel gegründet, sie soll mittlerweile ganze Landstriche kontrollieren.

Chaotische Zustände

Aber die Islamisten sind nicht das einzige Problem des Jemen. Das Land ist geradezu chronisch instabil. Die schweren Kämpfe zwischen Anhängern und Gegnern von Langzeitpräsdient Ali Abdulah Saleh im Gefolge des arabischen Frühlings haben zu chaotischen Zuständen geführt. Als dann Saleh im Novemeber 2011 auf seine Macht verzichtet wird die Lage noch kritischer.

Sebastian Sons: "Der arabische Frühling ist daran bestimmt nicht schuld. Schuld daran sind die politische und vor allem die wirtschaftliche Situation, die seit Jahren – im Endeffekt seit der Wiedervereinigung von Süd- und Nordjemen – das gesamte Land lähmt. Die wirtschaftliche Situation ist katastrophal. Der Jemen ist das ärmste Land auf der arabischen Halbinsel und in der Region. Die Leute leben unterhalb der Armutsgrenze. Es herrscht gravierender Wassermangel und Jugendarbeitslosigkeit. Diese Situation hat dazu geführt, dass ein korruptes Patronagesystem vom ehemaligen Präsidenten Saleh gestürzt wurde und dass die Leute, die damit die Hoffnung verbanden, dass sich dadurch bestimmte Lebensbedingungen verbessern würden, enttäuscht wurden. Das ist nicht passiert, weil die Probleme des Landes einfach so schwerwiegend sind."

Man ist gefordert

Offenbar ist die internationale Gemeinschaft gefordert, aber was kann sie tun? Jemen-Experte Sebastian Sons:

"Die internationale Gemeinschaft muss den Jemen weiterhin sehr genau im Blickfeld haben, nicht nur aufgrund dieser sehr fragilen Sicherheitssituation, sondern weil sich dort eine humanitäre und wirtschaftliche Situation entwickelt hat, die sehr sehr bedrohlich ist und da vor allem auch Nährboden bietet, für weitere militante Gruppierungen, die da relativ schnell Fuß fassen können."

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