Wassernotstand in China

In den Großstädten im Norden Chinas wird das Wasser immer knapper. Weil jedes Jahr Millionen Chinesen vom Land in die Stadt ziehen und dort immer mehr Wasser verbrauchen, schwinden die Trinkwasserreserven rasant. Die Wasserknappheit bremst mittlerweile auch das wirtschaftliche Wachstum in manchen Regionen Chinas, sagt die Weltbank. Experten warnen vor einem Wassernotstand.

Morgenjournal, 18.5.2013

Wasser für die Reichen

In den reichen Gegenden Pekings ist von Wassermangel nichts zu bemerken. Vor vielen neuen Wohnhauskomplexen wurden großzügige Teiche und Wasserfontänen errichtet. Auch die mehr als 60 Golfplätze in der chinesischen Hauptstadt werden großzügig bewässert. Sie verbrauchen jedes Jahr so viel Grundwasser wie eine Million Einwohner. In den Wasser-Reservoirs sinken die Pegel seit Jahren. Und das immer schneller.

Den Bauern im Umland Pekings wird buchstäblich das Wasser abgegraben. Ein Blick auf die Statistik veranschaulicht Chinas Wasserkrise. Im subtropischen Süden des Landes befinden sich gut 80% der nationalen Wasser-Ressourcen. Dort lebt gut die Hälfte der Bevölkerung. 40% der Chinesen leben in trockenen Gebieten des Nordens, die nur über rund 15% des Wassers verfügen. Doch ist Wasserknappheit nicht das einzige Problem. 40% des Wassers in den großen Flüssen ist so stark verunreinigt, dass Menschen damit nicht in Kontakt treten sollten hat die chinesische Akademie der Wissenschaften jüngst errechnet. Und auch das in Bau befindliche gigantische Wasserumleitungsprojekt, bei dem über hunderte Kilometer lange Kanäle, künstliche Teiche und Tunnel Wasser aus dem Jangtse nach Norden gepumpt werden soll, wird das Problem kaum lösen. Umweltexperten wie Ma Tianjie von Greenpeace in Peking fürchten, dass dieses Wasser nicht die nötige Qualität hat, um die Trinkwasserknappheit im Norden Chinas zu lösen:

„Das aus dem Süden umgeleitete Wasser könnte zu einem hohen Grad verschmutzt sein. Es kommt aus Regionen, die wirtschaftlich schlecht entwickelt sind, mit vielen alten Industrien. Wir vermuten, dass sich darin Schwermetale befinden und das Wasser deshalb von geringer Qualität ist.“
Die Wasserknappheit ist jedenfalls eines der größten Probleme, das die soziale und wirtschaftliche Entwicklung im Norden Chinas hemmt heißt es aus der Weltbank. Demnach kosten die Folgen des Wassermangels dem Land gut 2 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Für die rasant wachsenden Städte wird es immer schwieriger die Versorgung mit genügend Trinkwasser zu gewährleisten. Allein in Peking sind im vergangenen Jahrzehnt im Durchschnitt mehr als 600.000 Menschen pro Jahr zugezogen. Bis 2030 werden in ganz China mindestens 30 Millionen vom Land in die Städte ziehen. Viele dieser Ballungsräume befinden sich in den Trockengürteln Nordchinas. Dazu kommt, dass die Menschen jetzt die Früchte des wirtschaftlichen Aufstiegs ernten wollen, dass sie eben auch wasserintensiv produzierte Lebensmittel konsumieren wollen. Und dass Wassersparen in China derzeit nicht in Mode ist. Dafür sind die saftig-grünen Golfplätze im sonst recht staubigen Peking ein eindeutiger Beleg.