Steuerflucht: EU-Parlament für schwarze Liste

Massive "Vorschusskritik" am morgigen EU-Gipfel kommt heute vom EU-Parlament. Bei ihrer monatlichen Plenartagung in Straßburg befürchten die Europaabgeordneten ein Nachlassen im Kampf gegen Steuerhinterziehung. Sie verlangen eine schwarze Liste für Steueroasen und Schwarzgeldparadiese.

Mittagsjournal, 21.5.2013

"Staatlich organisiertes Schmarotzertum"

Es ist die Furcht vor dem Rohrkrepierer, der die Europaabgeordneten heute antreibt. Einen Tag vor dem Gipfeltreffen der 27 Staats- und Regierungschefs zweifeln die EU-Parlamentarier an der Ernsthaftigkeit, der Steuerflucht in Europa tatsächlich einen Riegel vorschieben zu wollen. Über alle Parteigrenzen hinweg fordern die EU-Parlamentarier ein europaweites Bekenntnis gegen Steuerhinterziehung: Othmar Karas von der Europäischen Volkspartei: "Der entscheidende Punkt ist, dass wir klar machen, dass Regelungen, mit denen einzelne Länder versuchen, anderen Ländern Steuergelder abzugraben oder gar Steuerhinterziehung zu erleichtern, sind staatlich organisiertes Schmarotzertum."

"Strafen für Finanzinstitute"

Die Slowenische EU-Abgeorndete Mojca Kleva Kekus hat für das EU-Parlament einen Forderungskatalog erarbeitet: "Steuerhinterziehung ist skandalös, es reicht nicht, dass unsere europäischen Politiker ständig leere Versprechen abgeben. Wir fordern den EU-Gipfel auf, jetzt endlich konkrete Maßnahmen zu ergreifen."

Die konkreten Vorschläge lauten unter anderem, dass bilaterale Steuerabkommen abgeschafft und eine Schwarze Liste für Steueroasen erstellt werden sollen. Der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Sozialdemokraten Hannes Swoboda: "So möchte ich mit den Worten der verstorbenen Premierministerin Margaret Thatcher sagen: We want our money back. We want the money back, which is in the tax oases. Wir wollen das Geld aus den Steueroasen haben. Unsere Vorschläge sind ganz klar, neben der Forderung nach einer Schwarzen Liste für Steuerparadiese müssen auch die Banken und Finanzinstitute bestraft werden, die bei Steuerhinterziehung helfen. Dafür müssen Luxemburg und Österreich endlich vollständig beim automatischen Datenaustausch mitmachen."

Mitgliedsstaaten können nicht gezwungen werden

Unterstützung in ihren Forderungen erhalten die EU-Abgeordneten vom Präsidenten der EU-Kommission. Jose Manuel Barroso erhöht ebenso den Druck auf die Staats- und Regierungschefs. Er verlangt, dass nicht nur Daten über Zinserträge von Steuerausländern an die nationalen Finanzbehörden weitergegeben werden, sondern jede Form von Einkommen: "Am 1. Jänner 2015 sollte die EU den automatischen Informationsaustausch über jede Einkommensform haben, dazu zählen auch Dividenden und Kapitalerträge. Das ist machbar, sofern der politische Wille besteht. Dafür brauchen wir alle Mitgliedsstaaten."

Das EU-Parlament ist sich aber auch dessen bewusst, dass es nur Druck aufbauen kann. Die Entscheidung, ob verstärkt gegen Steuerflucht vorgegangen wird, fällt jeder Mitgliedsstaat selbst.