Unruhen in Schweden: Jugend ohne Zukunft

Fünf Tage lang dauern die Ausschreitungen in Schwedens Städten jetzt schon an, ein Ende ist derzeit nicht in Sicht. In Schweden ist deshalb eine Debatte darüber ausgebrochen, wie gut das viel gelobte schwedische Integrationssystem tatsächlich ist. Vor allem Arbeit direkt in den Problembezirken sei notwendig, um die Situation der Jugendlichen zu verbessern, sagt Anders Westholm, Professor für Politik und Integration an der Universität von Uppsala.

Mittagsjournal, 24.5.2013

Jugend ohne Arbeit

Es ist bereits die fünfte Nacht in Folge, in der die Jugend in Schwedens Städten auf die Straße geht. Über hundert Autos sind seit Beginn der Unruhen angezündet worden, Schulen, Polizeistationen und Kindergärten in Brand gesetzt worden. In Schweden hat ein Viertel aller Jugendlichen keine Arbeit, unter den Jungen mit Migrationshintergrund ist die Zahl noch höher, sagt Anders Westholm von der Universität Uppsala: „Es gibt ernstzunehmende soziale Probleme in vielen dieser Vorstädte und mit diesen Ausschreitungen drücken die Jugendlichen ihre Verzweiflung aus und ihr Gefühl, dass sei von anderen Teilen der Gesellschaft abgeschnitten sind.“

Einst ein Vorzeigeland

Schweden gilt in Europa als Vorzeigeland in Sachen Migration: der Wohlfahrtsstaat ist großzügig, die Einwanderungspolitik liberal. Allerdings hat der Staat in den vergangenen Jahren nachgelassen, sich um Integration zu kümmern: „Es ist notwendig, dass man diesen Leuten bessere Zukunftsperspektiven in der Schwedischen Gesellschaft gibt, und da hat viel mit Bildungschancen und Jobaussichten zu tun.“

Im Jahr 2012 hat Schweden 44.000 Asylsuchende aufgenommen. Damit liegt das Land - gemessen an seiner Einwohnerzahl- im UN-Spitzenfeld. Ist Schweden zu klein, für große Zuwanderung? „Wenn man die Umstände und die Möglichkeiten der schwedischen Gesellschaft betrachtet, dann finde ich persönlich nicht, dass derzeit zu viele Menschen nach Schweden kommen.“

Dennoch: auch in Schweden, gewinnen politische Kräfte wie die Anti- Einwanderungspartei "Schwedische Demokraten" an Stimmen. Seit 2010 sind sie im Parlament vertreten: "Die Tatsache, dass diese Partei im Parlament vertreten ist, sollte nicht mit der öffentlichen Meinung in Schweden verwechselt werden. In der Bevölkerung gibt es derzeit keine Hinweise darauf, dass die Menschen seit den Ausschreitungen feindseliger gegenüber Migranten sind. "

Konkrete Hilfe nötig

Die Ausschreitungen in den Vororten von Stockholm zeigen in Schweden - laut Anders Westholm- vor allem eines auf: „Die Schwedische Einwanderungs- und Integrationspolitik war teilweise vielleicht mehr damit beschäftigt, stolze Aussagen viel Inhalt zu machen. Jetzt ist es wichtig langfristige Verbesserungen für die Integration zu schaffen.“

Und zwar nicht nur mit politischen Ansagen, sondern mit Verbesserungen direkt in den Vororten.