Syriens Opposition zerstritten und enttäuscht

Die EU solle so schnell wie möglich Waffen schicken, um den Kampf gegen Assad zu unterstützen - dazu hat das Oppositionsbündnis Syrische Nationale Koalition aufgerufen. Doch für die westlichen Staaten ist es immer weniger klar, mit wem sie es bei der syrischen Opposition zu tun haben.

Mittagsjournal, 29.5.2013

Aus Istanbul, dem Hauptsitz der Assad-Gegner, berichtet

Streit über Bedingungen

Soll man mit der syrischen Regierung reden, solange der Diktator Assad noch nicht seinen Rücktritt angekündigt hat? Nein, sagen die führenden Vertreter der syrischen Opposition im Ausland. Auch wenn die USA, Russland und die EU solche Gespräche planen. "Seit wir die Koalition der Oppositionskräfte gegründet haben, sagen wir, dass jede Übergangslösung mit dem Abgang von Assad und von seinem Sicherheitschef beginnen muss", sagt Khaled Saleh, der Sprecher des Oppositionsbündnisses in Istanbul. "Assad, der 70.000 Menschen töten hat lassen, ist für uns mehr als ein Massenmörder."

Doch in Wirklichkeit bleibt die syrische Opposition weiterhin tief zerstritten. Mit welchen Bedingungen man in die geplanten Friedensgespräche in Genf gehen soll, ist dabei nur eines der Probleme, die hier in Istanbul tagelang und teilweise auch nächtelang diskutiert wurden.

Streit über Zusammensetzung

Ebenso umstritten ist die Zusammensetzung der Oppositionsplattform. Die USA und Westeuropa hatten im Austausch für ihre Unterstützung verlangt, dass die bisher dominierenden Moslembrüder auch liberale Politiker zulassen. Nach einem tagelangen Ringen um die Zahl der Köpfe kommt es spätnachts zum Eklat. "Sie verdienen unsere Bemühungen gar nicht", herrscht der französische Botschafter genervt einen Vertreter der Moslembrüder an. "Wir haben von 22 zusätzlichen Leuten gesprochen. Das war mit den Vertretern der Opposition so abgesprochen. Jetzt sind es auf einmal nur mehr acht. Ich bin nicht einseitig. Aber wenn man 22 vereinbart hat und acht heraus kommt, gibt es ein Problem." Die Szene wurde offenbar von einem Konferenzteilnehmer mit dem Handy aufgenommen und sofort ins Internet gestellt. Eine kleine Facette des Medienkrieges, der von Anfang an den Machtkampf in Syrien begleitet hat.

Enttäuschung über Türkei

Frustriert sind offenbar auch viele Anti-Assad-Kämpfer in Syrien. Eine Gruppe mit dem Namen "Revolutionäre Bewegung Syriens" erklärt, die Widerstandskräfte im Land würden sich von den Exilpolitikern nicht vertreten fühlen. Enttäuscht zeigt sich aber auch die Türkei, die von Anfang an den Aufstand gegen Assad unterstützt und inzwischen hunderttausende Flüchtlinge aufgenommen hat. "200.000 Flüchtlinge aus Syrien müssen bei uns in Zelten leben", sagt der türkische Präsident Gül. "Doch die internationale Gemeinschaft hat sich bisher nur auf Rhetorik und symbolische Akte beschränkt."

Mit symbolischen Akten meint Gül offenbar die jüngste Entscheidung der EU-Außenminister, das Waffenembargo gegen die syrische Opposition zu beenden, ohne sich vorerst jedoch zu konkreter Waffenhilfe zu entschließen. In Washington wollte der türkische Regierungschef Erdogan den US-Präsidenten ja zu einer aktiveren Unterstützung der syrischen Opposition überreden. Doch damit ist er vorerst abgeblitzt.

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