Lobby agitiert gegen EU-Datenschutz

Im Europäischen Parlament wird über eine Gesetzesnovelle zum EU-Datenschutz beraten. Das wichtige Gesetz sieht einen starken einheitlichen Datenschutz in der gesamten EU vor und soll die Daten von europäischen Internetnutzern auch vor der Datensammelwut amerikanischer IT-Unternehmen schützen. Doch EU-Parlamentarier sind seit Monaten aggressivem Lobbying von US-Internetfirmen ausgesetzt, die sich schwache Datenschutz-Standards wünschen.

Mittagsjournal, 11.6.2013

Initiative für Transparenz

Ob und wie sich EU-Parlamentarier beeinflussen lassen und welche Parlamentarier welche Änderungen zur Datenschutzreform beantragen, hat nun die Internetplattform Lobbyplag ausgewertet. Sie geht der Frage nach, wer sich für Datenschutz einsetzt und wer für Datenweitergabe. Lobbyplag möchte Transparenz in das EU-Gesetzgebungsverfahren bringen. Deutsche Datenjournalisten von Open Data City und der Österreicher Max Schrems (bekannt geworden durch seinen Rechtsstreit mit facebook) haben dafür mehr als 3.100 Abänderungsanträge ausgewertet und Passagen danach bewertet, ob sie mehr oder weniger Datenschutz bringen.

Kritische Bürger oder "Querulanten"?

Rot und grün markierte Wörter und Textstellen auf der Webseite von lobbyplag zeigen, welche EU Abgeordneten welche Änderungen im Gesetzesentwurf vornehmen. Der österreichische EU-Parlamentarier Hubert Pirker (ÖVP) kritisiert Lobbyplag. Das sei "keine ernsthafte Auseinandersetzung". Pirker wird von Lobbyplag eindeutig zugeordnet: Seine Änderungen führen zu einem schwächeren Datenschutz, jene von anderen Abgeordneten, wie zum Beispiel Josef Weidenholzer von der SPÖ, hingegen zu mehr Datenschutz, so zumindest die Auswertung der Datenjournalisten. Das zeige sich etwa bei Strafen für Unternehmen bei Datenschutzverstößen und beim Auskunftsrecht.

Demzufolge haben Bürger und Bürgerinnen das Recht zu erfahren, welche persönlichen Daten bei einem Unternehmen über sie gespeichert werden. ÖVP-Abgeordneter Hubert Pirker spricht von "Querulanten", die permanent Auskünfte verlangen würden. Und er wirft der SPÖ-Seite vor, in diesen Fällen mit Strafen bis zu 500.000 Euro zu drohen, für Unternehmen, die ihrer Auskunftspflicht nicht nachkommen.

Wichtige Rechte

Für den Juristen Max Schrems ist das Recht für Nutzer und Nutzerinnen hingegen wichtig: Bürger müssten zuerst wissen, was eine Firma über sie speichert, um dann ein Recht auf Richtigstellung geltend zu machen. Das sei besonders bei Bonitätsdaten relevant.

"Einige Staaten wollen große Betriebe schützen und nicht die Daten der Bürger", kritisiert auch EU-Justizkommissarin Viviane Reding, die den Gesetzesentwurf für starken Datenschutz Anfang 2012 vorgestellt hat. Die mehr als 3.000 Abänderungsanträge will das EU-Parlament bis zur Sommerpause in einen Gesetzestext packen.

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