Türkei: Ruhe und Ratlosigkeit

In Istanbul scheint sich die Lage am und rund um den Gezi-Park zu entspannen. Heute am Vormittag ist es ruhig geblieben - die Polizei hielt sich zurück. Trotz des Angebots von Premier Erdogan ein Referendum über die Zukunft des Parks abhalten zu lassen, wollen viele Demonstranten nicht weichen. Doch was sie jetzt eigentlich genau wollen und wie es jetzt weitergehen kann, bleibt unklar.

Mittagsjournal, 13.6.2013

Demonstranten unzufrieden

Demonstranten und Polizei stehen einander am Taksim-Platz und am Gezi-Park zwar gegenüber. Aber die Lage ist, im Moment zumindest, ruhig. Das von Regierungschef Erdogan vorgeschlagene Referendum halten viele auf dem Platz für eine hinterhältigen Schachzug, um die Demonstranten auseinander zu dividieren sagt. Linda Say lebt seit einem Jahr in Istanbul und ist jeden Tag bei den Demonstrationen im Gezi Park. Im Ö1-Mittagsjournal berichtet sie telefonisch, man sehe keine angebotene Lösung, es gebe da keine andere Meinung unter den Demonstranten.

"Nur Rowdies bleiben"

Ein Sprecher der Regierungspartei AKP hat die, wie er sie nennt - Umweltschützer aufgefordert den Platz zu verlassen - da es ja jetzt mit dem Referendum eine Lösung geben würde: "Jene Demonstranten, die sich für den Umweltschutz einsetzen, sollten den Gezi-Park jetzt schnell verlassen. Wenn sie dann weg sind, bleiben nur die Rowdies die diesen Konflikt anheizen. Und mit diesen wird sich dann die Polizei befassen."

Entschuldigung - und dann?

Auch wenn nach 14 Tagen die Protestbewegung an Schwung verliert - ans Aufgeben scheinen die Demonstranten im Gezi-Park nicht zu denken, sagt Linda Say. Schließlich gehe es nicht nur um den Park. Doch wie soll es jetzt eigentlich weitergehen? Die Demonstranten verlangen jetzt jedenfalls eine Entschuldigung bei den Familien der Toten und Verletzten sowie rechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen, sagt Say. Politische Forderungen, die über das hinaus gehen, hört man allerdings nicht, zumindest im Gezi-Park. Es scheint fast so als wären die Demonstranten über die Dimension, die ihr Protest angenommen hat selbst überrascht.