Snowden: London bespitzelt G20-Delegation

Eine für die britische Regierung sehr unangenehme Nachricht platzt heute mitten in den G8-Gipfel: Die Zeitung Guardian berichtet, dass der britische Geheimdienst im Jahr 2009 auf einem G20-Gipfeltreffen schlicht und ergreifend die gesamte Kommunikation der ausländischen Regierungsdelegationen überwacht hat. Das beweisen Dokumente, die der US-amerikanische Aufdecker-Einzelgänger Edward Snowden dem Guardian zugespielt hat.

Mittagsjournal, 17.6.2013

Großangelegte Spionageaktion

Edward Snowden hat wirklich brisante Dokumente aus den NSA Computern mitgenommen. Sie belegen, dass der britische Regierungs-Geheimdienst GCHQ eine großangelegte Spionageaktion auf dem G20 Gipfel des Jahres 2009 durchgeführt hat. Blackberry Handys der Delegierten wurden angezapft, E-mails in Echtzeit mitgelesen und Passwörter ausspioniert. Geheimdienstanalysten verfolgten live, wer auf der Konferenz mit wem telefonierte. Dass einander Delegationen gegenseitig bespitzeln, wurde zwar schon bisher angenommen, aber schriftliche Beweise gibt es selten.

Zweck: Verhandlungsvorteil

In den Dokumenten listet der Geheimdienst selbst auf, wie seine Spezialisten vorgingen. Sie richteten zum Beispiel auf dem Gipfel ein Internetcafe mit präparierten Computern ein. Über eine Spionagesoftware wurden alle Eingaben auf den Computer- Tastaturen verfolgt und damit E-mails der Delegierten mitgelesen und Passwörter gestohlen. Bespitzelt wurde übrigens nicht nur die russische Delegation, sondern auch andere Staaten. Diente das alles der Terrorabwehr? Nein. Der politische Zweck ist klar aufgelistet: Die britische Regierung sollte einen Verhandlungsvorteil bekommen, indem sie über die Position und die geheimen Absprachen der anderen Teilnehmer praktisch in Echtzeit informiert wurde.

Zitat "Unser Aufgabe ist es, dass Informationen, die für die Regierung relevant sind, die Kundschaft rechtzeitig erreicht und zwar so, dass sie sie zu ihrem besten Nutzen einsetzen kann."

Vergiftete Stimmung beim G8-Gipfel

Die Kundschaft, das waren damals Premierminister Gordon Brown und Außenminister David Milliband. Diese Nachricht dürfte auf die Stimmung beim heute beginnenden G8 Gipfel drücken. Zwar hat die Kundschaft des Geheimdienstes gewechselt, es ist nun die Regierung von David Cameron, und die Überwachungs-Technik hat sich seit 2009 wesentlich weiter entwickelt. Internetcafes sind wohl nicht mehr notwendig. Doch kann man vielleicht mutmaßen, dass die Aufgabe der Geheimdienste die gleiche geblieben ist, nämlich Informationen zu beschaffen, die andere gerne geheim halten würden.