Menschenrechtedialog mit China wackelt

In China findet heute eine weitere Runde im offiziellen Menschenrechtsdialog mit der Europäischen Union statt. Die Menschenrechtssituation hat sich in China in den vergangenen Jahren kaum verbessert. China reagiert bei Kritik von außen immer unwirscher. Peking nutzt die Wirtschaftskrise in Europa, um in der Frage der Menschenrechte einen härteren Kurs zu fahren.

Mittagsjournal, 25.6.2013

Tod in Polizeihaft - "Selbstmord"

Dass in China geltende Gesetze mit Füssen getreten werden, hat die Studentin Li Ning am eigenen Leib zu spüren bekommen. Ihre Mutter war eine kleine Geschäftsfrau in der Provinz Shandong. Die örtliche Behörde fordert immer wieder Geld von ihr. Frau Li fühlt sich erpresst und fährt nach Peking, um sich offiziell zu beschweren. Dort wird sie festgenommen, sie verschwindet und stirbt kurze Zeit später in Polizeigewahrsam. Selbstmord heißt es offiziell, erzählt uns die Tochter: "Ich sah den Leichnam meiner Mutter. Der ganze Rücken bis hin zu den Oberschenkeln war übersäht von dunklen Prügelmalen. Am Hals waren dünne Striemen zu erkennen. Was haben sie meiner Mutter nur angetan."

Gespräch immer schwieriger

Die Geschichte der Familie Li ist kein Einzelfall. Übergriffe lokaler Behörden passieren in China ganz systematisch. Bei den meisten Fällen handelt sich nicht um politische Dissidenten, sondern um ganz normale Bürger. Einige von ihnen finden sich auf der Liste, die europäische Diplomaten heute beim Menschenrechtsforum an die chinesische Seite übergeben wollen. Auf der Liste stehen auch viele prominente Namen wie jener des inhaftierten Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo oder seiner Frau Liu Xia, die illegal unter Hausarrest steht. Oder Gao Zhisheng, ein Menschenrechtsanwalt, der im Gefängnis sitzt, weil er sich für Angehörige religiöser Minderheiten eingesetzt hat. Darüber mit der chinesischen Seite zu reden, wird schwieriger.

Europas Einfluss nimmt ab

China reagiere bei Menschenrechtsfragen immer arroganter, sagen EU-Diplomaten in Peking. Der Grund sei auch die Wirtschaftskrise, die den Einfluss Europas schwächt. Selten zuvor war es so schwierig, mit China über Menschenrechte zu reden, bestätigt auch Josh Rosenzweig, Menschenrechtsexperte an der Chinese University in Hong Kong: "Je wichtiger China wirtschaftlich wird, umso stärker ist die Versuchung in den USA und Europa, bei Menschenrechtsfragen die Augen zuzudrücken. Man will die Menschenrechtsproblematik nur oberflächlich ansprechen, will andere Bereiche, wie eben die Wirtschaftsbeziehungen, nicht aufs Spiel setzen. Und so ist es mittlerweile eindeutig China, das bei solchen Gesprächen den Ton angibt."

Dialog in Gefahr

Zwei Mal jährlich sollte der EU-China-Menschenrechtsdialog stattfinden. Seit 2011 sagt China regelmäßig einen Termin im Jahr ab. Die Stimmung beim diesjährigen Forum sei sehr gereizt berichten EU-Diplomaten heute gegenüber dem ORF. Ein Diplomat meinte gar, der Dialog werde bald tot sein, sollte die chinesische Seite weiterhin auf stur schalten.

Übersicht