Jugendhaft-Studie: Gewalt ist Alltag
Mindestens vier Jugendliche sind heuer bereits in einer Haftanstalt vergewaltigt worden: Das hat das Justizministerium gestern bestätigt. Doch es dürfte sich nur um die Spitze des Eisbergs handeln. Eine Studie des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte gemeinsam mit der Opferorganisation Weißer Ring zeigt, dass Gewalt im Gefängnis an der Tagesordnung ist.
8. April 2017, 21:58
(c) APA
Morgenjournal, 10.7.2013
Keineswegs Einzelfälle
Quälen, misshandeln, körperliche Gewalt: Jugendliche, die in der Justizanstalt Josefstadt einsitzen, hätten das bei ihrer Befragung erwähnt, sagt Barbara Unterlerchner vom Weißen Ring. Sie hat die Studie gemeinsam mit Helmut Sax vom Boltzmann Institut durchgeführt und Jugendliche befragt. Wie häufig sexuelle Übergriffe vorkommen, sei unklar, sagt Unterlerchner. Sicher sei nur, dass es sich keineswegs um Einzelfälle handle, vielmehr stünden körperliche Übergriffe an der Tagesordnung. Sexuelle Übergriffe würden zwar erwähnt, wie häufig sie vorkommen, darüber könne sie aber keine seriöse Schätzung abgeben.
Auch mit der Hilfe für Jugendliche im Fall einer Gewalteskalation im Gefängnis scheint es nicht gut auszusehen: Sich zu beschweren widerspricht dem Ehrenkodex unter den Insassen, sagt Barbara Unterlerchner. Und dann gibt es noch einen roten Knopf, den man drücken kann, wenn man bedroht wird - doch wer diesen Knopf drückt, bereue dies meist bitter, so Barbara Unterlerchner: Denn dem drohten nachher Vergeltungsakte. "Also das ist keine sehr hilfreiche Situation aus der Sicht der Jugendlichen."
Viel Verbesserungspotenzial
Die Vierer-Belegung pro Zelle müsste abgeschafft werden, sagt Unterlerchner. Außerdem sollte man die Jugendlichen besser beschäftigen, es gebe zu wenig Sport und zu wenig Arbeitsmöglichkeiten, "gerade in der Untersuchungshaft, wo die Insassen unter großem Druck stehen, weil das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist und ihnen eine unsichere Zukunft bevorsteht und sitzen den ganzen Tag in ihrer Zelle herum, sind frustriert über ihre Inhaftierung, haben nichts zu tun, sind auf sehr engem Raum gemeinsam, natürlich auch Jugendliche, die ein gewisses Gewaltpotenzial schon mitbringen." Die Jugendlichen müssten auch besser auf das Leben außerhalb der Haftanstalt vorbereitet werden, so die Forderung der Jugendlichen selbst an die Politik, sagt Unterlerchner: "Sie möchten mehr Gruppenaktivitäten, mehr Möglichkeiten mehr Sport zu betreiben, sie geben alle an, körperlich sehr unausgelastet zu sein, was natürlich die Aggressivität steigert, sie möchten mehr Betreuung durch Sozialarbeit, mehr Teilnahme an Anti-Gewalt-Training."
Schließlich gehe es darum, dass die Jugendlichen wieder in die Gesellschaft integriert werden, sagt Barbara Unterlerchner vom Weißen Ring, das sollte das oberste Ziel sein.