Wucher-Vorwürfe gegen Kirche von England
Die anglikanische Kirche von England unter ihrem neuen Oberhirten Erzbischof von Canterbury Justin Welby will einen umstrittenen Kredithai aus dem Geschäft drängen. Sie will dabei helfen, dass Menschen in einem kurzfristigen finanziellen Engpass günstige Überbrückungskredite bekommen. Dabei muss die Kirche nun selbst gegen Vorwürfe kämpfen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 30.7.2013
Erzbischof in Erklärungsnot
Seit Jesus die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel vertrieb, hat die christliche Kirche ein moralisches Geldproblem. Der neue Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, hat auf peinliche Art und Weise erfahren müssen, dass seine Kirche kein moralisches Vorbild ist. Sie investierte einen geringen Teil ihres sechs Milliarden Euro Vermögens in einen Risikokapitalfonds in den USA. Wie es der Zufall so will, hat dieser Fonds ausgerechnet Wonga mitfinanziert. Wonga ist ein sogenannter Payday Lender. Das Unternehmen leiht für ein paar Tage bis zu wenigen Wochen Kleinstbeträge her und zwar zu horrenden Zinsen. Justin Welby stellte den umstrittenen Kredithai höchstpersönlich wegen seiner moralisch verwerflichen Aktivitäten an den Pranger. Eine peinliche Sache, gibt der neue Erzbischof von Canterbury zu: "Man kann sich da nicht rausreden, aber das ändert nichts an der Tatsache, wie wir über diese Geschäftspraktiken denken. Wir wollen mit Kreditgenossenschaften zusammenarbeiten um der Gemeinschaft alternative Finanzquellen anzubieten. Natürlich wollte ich nicht auf diese Art, von dieser Investition erfahren."
"Facettenreiches Geschäftsleben"
Die derzeitigen Regeln der Kirche von England erlauben Investitionen in Unternehmen, die in geringem Ausmaß auch mit Alkohol und Tabak oder sogar Pornografie ihr Geld machen. Zum Beispiel könnte die Kirche in eine Hotelkette zu investieren, die ihren Gästen auch einschlägige Erwachsenenfilme anbietet, sagt Gavin Oldham von der Finanzberatungsgruppe der Kirche von England. "Das Geschäftsleben besteht aus mehreren Facetten und ist nicht nur schwarz und weiß. Wenn wir nur in Unternehmen investierten, die 100 Prozent korrekt handeln, würden wir vermutlich gar kein Geschäft machen. Deswegen haben wir gewisse Richtlinien, was unsere Investitionen betrifft."
Kirchliche Kredite
Welby war vor seiner Kirchenkarriere zehn Jahre als Finanzmanager in der Ölindustrie tätig gewesen. Er gilt als erfahrener Fachmann und ist mit dem Versprechen sein Amt angetreten, die kirchlichen Geldangelegenheiten neu zu ordnen. Die Kreditgenossenschaften sollen mit Hilfe der Kirche von England eine treibende Kraft im Kreditgeschäft werden, Kredithaie verlangen 1% Zinsen pro Tag, der Zinssatz der Kreditgenossenschaften bei 2% monatlich gedeckelt. Die Kirche geht mit ihrem Konfrontationskurs gegen Kredithaie ein gewisses Risiko ein, sie könnte auch stark davon profitieren, nicht in finanzieller, aber moralischer Hinsicht. Die von Kirche von England versucht, im Leben der Menschen wieder mehr Relevanz zu erlangen, egal ob sie in die Kirche gehen oder nicht.