Berlusconi: Zweiter Prozesstag mit Urteil?

Der "Mediaset-Prozess" gegen Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi wegen Steuerbetrugs geht heute in den zweiten Verhandlungstag. Beobachter rechnen heute oder spätestens morgen mit einem Urteil. Die Verteidiger Berlusconis plädieren für Freispruch, da es keine Schuldbeweise gebe. Der Staatsanwalt drängt auf Bestätigung der vierjährigen Haftstrafe, die bereits in erster und zweiter Instanz gefällt worden war.

Mittagsjournal, 31.7.2013

"Pessimistisch, aber kampfbereit"

Die große Zahl der Kamerateams und Journalisten vor dem Sitz der Höchtgerichts hier in Rom zeigt das riesige Interesse am bevorstehenden Richterspruch über Italiens umstrittensten Politiker. Ein Mailänder Gericht hat es im Mai als erwiesen angesehen, dass Berlusconis Medienkonzern unter seiner Anleitung Steuerbetrug begangen hat und ihn zu vier Jahren Haft und fünf Jahren Ämterverbot verurteilt. Das Kassationsgericht, wie das Höchstgericht hier heißt, kann das Urteil nun zurückweisen, ganz aufheben oder bestätigen - für Berlusconi die schlimmste Variante. Zwar muss er aus Altersgründen nicht ins Gefängnis. Aber hart träfe den Politiker das Ämterverbot.

Während seine Verteidiger in diesen Stunden vor den fünf Höchstrichtern um einen Freispruch ihres Mandanten kämpfen, verfolgt der Cavaliere zurückgezogen in seinem römischen Palazzo die Verhandlung Minute um Minute, sagen seine Getreuen. Sie haben die Reihen fest um ihn geschlossen. Er sei "pessimistisch, aber kampfbereit", heißt es.

Folgen für Koalition unklar

Die von Berlusconi ausgegebene Marschrichtung ist derzeit aber staatsmännische Verantwortung:
politische Folgen für die Koalition mit den Sozialdemokraten werde es (auch bei einer Verurteilung) nicht geben. Selbst der harte Flügel der Partei ist zur Zeit auf diesem Kurs: "Berlusconi hat die Koalition gewollt, er unterstützt sie.", sagt die Abgeordnete Daniela Santanchè, und fügt nicht ohne Süffisanz hinzu: "Wenn, dann haben unsere Koalitionspartner ein Problem."

In der Tat ist die Anspannung in der sozialdemokratischen Partei mindestens ebenso groß wie in Berlusconis Rechtspartei. Die Linke ist tief gespalten: Will man - wie die Führung der Partei - im Interesse der Stabilität des Landes die Koalition um jeden Preis retten? Oder soll man dem Druck der Rebellen nachgeben, die gegen ein Bündnis mit einem rechtmäßig verurteilten Steuerhinterzieher aufbegehren.

Noch ist der Richterspruch nicht gefallen. Die Verhandlung ist komplex und braucht Zeit. Derzeit heißt es, frühestens heute Abend, aber möglicherweise auch erst morgen Vormittag gäben die Richter ihren Entscheid bekannt.