Napolitano begnadigt Berlusconi nicht

Keine Strafmilderung für Silvio Berlusconi - im Gegenteil: Staatspräsident Napolitano hat den EX-Premier und Anführer der italienischen Rechten aufgefordert, seine Verurteilung zur Kenntnis zu nehmen. In einer Note hat der Staatspräsident die Parteien ermahnt, den politischen Streit zu beenden.

Morgenjournal, 14.8.2013

Keine Begnadigung, keine Parlamentsauflösung

Empört über die rechtskräftige Verurteilung ihres Anführers, hatten die Parteifreunde Berlusconis den Staatspräsidenten unter Druck gesetzt. Er möge von seinen Befugnissen Gebrauch machen und Berlusconi begnadigen oder ihm zumindest ermöglichen, in der Politik zu bleiben. Eine Woche lang hat Staatspräsident Napolitano die Fakten geprüft und reflektiert. Gestern Abend kam sein schriftliches Fazit: Rechtskräftige Urteile, so der Staatspräsident, seinen zur Kenntnis zu nehmen. Ein Gnadengesuch sei bei ihm übrigens nicht eingetroffen. Berlusconi habe aber wie jeder Bürger das Recht auf einen Antrag. Er, Napolitano, werde einen solchen bei Eintreffen den Gesetzen entsprechend prüfen.

Statspräsident Napolitano nimmt in seinem Schreiben auch auf die Drohung der Berlusconi-Parlamentarier bezug, die Regierung zu stürzen: Eine Regierungskrise sei in der gegenwärtigen Situation fatal, warnt er. Eine Auflösung der Kammern (die er anordnen müsste) komme nicht in Frage.

Für Abkühlung gesorgt

Mit seiner Stellungnahme hat der von allen hoch angesehene greise Staatspräsident vorerst für eine Abkühlung des aufgeheizten politischen Klimas gesorgt. Alle Seiten lesen aus seinem Schreiben Positives heraus. Berlusconis Anhänger interpretieren die Stelle mit dem Gnadengesuch als Öffnung eines möglichen Spielraums, die Demokratische Partei lobt die klaren Worte, und die Regierung würdigt die Stärkung.

Ob Berlusconi das Urteil jetzt akzeptiert, ist weiter offen. Er sitzt seit Tagen zurückgezogen und schweigend in seiner Villa in Arcore. Die juristischen Termine wären klar: Bis spätestens Mitte Oktober muss der Verurteilte entscheiden, ob er seine Strafe im Hausarrest oder mit Sozialdiensten abbüßt. Im Senat, wo Berlusconi einen Sitz hat, wird der zuständige Ausschuss ihm diesen voraussichtlich im September aberkennen.

Parallel dazu hat Berlusconi den Kampf um sein politisches Überleben bereits begonnen: Seine Parteifreunde haben eine wahlkampfähnliche Kampagne an den Ständen der urlaubenden Italiener angekündigt- mit Überraschungen, wie es heißt.