ÖVP: Geld für Frühforderung statt Arbeitsmarkt
Integrationsstaatsekretär Sebastian Kurz (ÖVP) hat die sprachliche Frühförderung zu einem besonderen Wahlkampfanliegen erklärt und will sie stark ausbauen. Dass viele Kinder Probleme mit der Sprachbeherrschung haben, ist zwar nicht neu, wird aber jetzt durch eine Studie untermauert. Diese zeigt, dass fast jedes vierte Kind betroffen ist und besondere Förderung benötigt.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 3.9.2013
Kurz will "Systemwechsel"
Mehr als 80.000 Kinder wurden getestet, der Großteil hat gerade mit dem Kindergarten begonnen, fast 19.000 konnten für ihr Alter nicht ausreichend Deutsch. Staatssekretär Kurz dazu: "Jedes vierte Kind in Österreich hat im Kindergarten einen Sprachförderbedarf." Das zeige sich bei den jüngsten Ergebnissen der sogenannten Sprachstands-Feststellung, bei der Sprachschatz und die Sprechart erhoben wurden, sowie Gespräche beobachtet wurden. Wenn nichts gegen diese Sprachdefizite getan werde, würde sich das fortsetzen, in der Schule und im späteren Leben, erklärt Kurz: "Wenn man sich dann die Zahlen beim Schulabbruch ansieht, dann merkt man schnell: Da verlassen viel zu viel junge Menschen die Schule, ohne einen Hauptschulabschluss zu haben. Wir haben ganz konkret 75.000 Jugendliche, die weder eine Ausbildung, noch einen Job in Österreich haben."
Das betreffe nicht nur Kinder von Zuwandererfamilien, sagt Kurz: "Es gibt auch sehr viele Kinder ohne Migrationshintergrund, die einen Sprachförderbedarf haben. Und aus unserer Sicht bräuchte es da einen Systemwechsel".
Frühförderung statt Arbeitslosenverwaltung
Derzeit werde viel zu wenig für die Frühförderung getan, viel mehr fürs Reparieren ausgegeben, das zeige sich bei den Ausgaben für Arbeitslose. Kurz: "Wir geben eine Milliarde für die Arbeitsmarktverwaltung aus, aber nur zehn Millionen für die sprachliche Frühförderung im Kindergarten. Das ist ein Ungleichgeweicht in die falsche Richtung."
Denn Kinder mit sprachlichen Defiziten seien die Arbeitslosen von morgen. Sebastian Kurz fordert daher neuerlich ein verpflichtendes zweites Gratis-Kindergartenjahr für jene, die es brauchen, kleinere Gruppen und mehr Begleit-Personal. Das würde 250 Millionen Euro kosten. Kurz: "Wir würden uns wünschen, dass stufenweise bis 2020 eine Umschichtung stattfindet: weniger für Arbeitslosigkeit und Arbeitslosenverwaltung und mehr für die Frühförderung. Der beste Weg um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, ist sie früh zu verhindern", sagt der ÖVP-Staatssekretär und deponiert damit eine Forderung für die Zeit nach der Nationalratswahl.
SPÖ: Attacke gegen Arbeitnehmer
Der Vorschlag des ÖVP-Staatssekretärs stößt auf wenig koalitonäre Gegenliebe. Prompt kommt von SPÖ-Bundesgeschäftsführers Norbert Darabos Kritik: Dieser lehnt die Kürzung der Gelder für den Arbeitsmarkt zugunsten der sprachlichen Frühförderung ab. In Zeiten der Wirtschaftskrise und einer steigenden Arbeitslosigkeit wäre das nach dem Streit um die Anhebung des Frauenpensionsalters die nächste ÖVP-Attacke gegen die Arbeitnehmer, sagt der SPÖ-Wahlkampfstratege, der Kinderförderung im Übrigen auch wichtig findet, aber nicht dazu sagt, wie sie finanziert werden soll.