Kaum Unterstützung für Ausländerwahlrecht

Rund eine Million Menschen, die in Österreich leben, dürfen nicht wählen, weil sie nicht die österreichische Staatsbürgerschaft haben. SOS Mitmensch will mit der Aktion "Pass-Egal-Wahl" darauf aufmerksam machen. SOS Mitmensch hat die Parteien gebeten, Wahlbeisitzer zu stellen. Das Interesse war überschaubar und zeigt eines: Die Chancen, dass Ausländer auch nur in den Gemeinden in Österreich wählen dürfen, sind gleich null.

Mittagsjournal, 11.9.2013

"Österreich besonders restriktiv"

400.000 "Nicht-Staatsbürger" leben schon länger als zehn Jahre in Österreich, 150.000 sind sogar hier geboren. Auch sie dürfen nicht wählen, insgesamt eine Million Menschen. Für den Migrationsexperten Rainer Bauböck eine klare Schieflage. In der Demokratie gehöre zur Integration auch die Beteiligung am politischen Prozess, sagte Bauböck im Ö1-Mittagsjournal. Das könne durch das Einräumen bestimmter Wahlrechter oder auch durch die Gewährung der Staatsbürgerschaft geschehen.

"Das Problem in Österreich ist, dass sozusagen beide Wege versperrt sind", so Bauböck. Denn Österreich gehöre zur Minderheit von zwölf EU-Staaten, die kein Ausländerwahlrecht kennen, und sei bei Einbürgerungen besonders restriktiv. Vor allem durch lange Wartezeiten, hohe Einkommensanforderungen, dem Ausschluss von Doppelstaatsbürgerschaften und das Fehlen des Geburtsrechts auf die österreichische Staatsbürgerschaft.

Als Beisitzer für "Pass-Egal-Wahl" eingeladen

Die "Pass-Egal-Wahl" für "Nicht-Staatsbürger" am 24. September auf dem Wiener Minoritenplatz soll darauf aufmerksam machen. SOS Mitmensch hatte als Veranstalter die Parteien eingeladen, Wahlbeisitzer zu entsenden. Grüne, NEOS, KPÖ und Piraten werden dies tun.

Von der ÖVP ist eine formelle Absage gekommen mit der zentralen Aussage: Wir sind der Auffassung, dass weitere Maßnahmen derzeit nicht zielführend sind. Das Team Stronach hat sich ebenfalls schriftlich entschuldigt, ist aber auch nicht für ein Ausländerwahlrecht, das es derzeit nur eingeschränkt für EU-Bürger auf Bezirksebene in Wien und bei Europawahlen gibt. BZÖ und FPÖ haben auf die Anfrage von SOS Mitmensch gar nicht geantwortet. Warum liegt auf der Hand: Wahlrecht müsse Staatsbürgerschaftsrecht bleiben, sagen die Freiheitlichen. Auch für das BZÖ sind die beiden Punkte unverrückbar gekoppelt, wie es im Klub heißt. Es sei undenkbar, dass Ausländer wählen dürfen, aber nicht zum Bundesheer müssen.

Heikles Thema im Wahlkampf

Bleibt der Spezialfall SPÖ. Die Bundespartei sieht keinen Bedarf für eine Verfassungsänderung, wie uns ausgerichtet wurde. Die Wiener SPÖ hat 2002 mit den Grünen den Versuch gemacht, auf Bezirksebene Wahlrecht und Staatsbürgerschaft zu entkoppeln, ist aber 2004 nach einer Beschwerde von ÖVP und FPÖ vom Verfassungsgerichtshof gestoppt worden.

Vor einer neuen Diskussion über dieses Thema hütet man sich. Die Wiener Partei will der Bundes-SPÖ nicht in die Quere kommen - Wahlkampf ist und das Thema heikel. Keine Interviews. Das Ergebnis ist eine Blockade-Situation, die durch eine andere Regierungskoalition gelöst werden könnte, so Bauböck. Bauböck meint, dass jede neue Koalitionsvariante in die Sache Bewegung bringen könnte. Denn die Parteien könnten dieses Wählerstimmenpotenzial nicht auf Dauer ignorieren.