Ungarn als Banken-Standort noch tragbar?

In Ungarn wird es für internationale Firmen, speziell Banken immer ungemütlicher: Regierungschef Viktor Orban hat den Banken wegen der Fremdwährungskredite ein Ultimatum gestellt. Das trifft besonders österreichische Banken, die immer noch in Ungarn aktiv sind. Diese wollen abwarten und kommentierten zunächst nicht, ob Ungarn als Standort noch tragbar ist.

Mittagsjournal, 11.9.2013

"Wir warten ab"

"Kein Kommentar", "Das kommentieren wir aus Österreich nicht", "Wir warten ab, bis das ungarische Parlament tatsächlich ein Gesetz beschlossen hat": so lauten heute die Antworten aus den Presseabteilungen österreichischer Banken auf die Frage, wie man die neuen Entwicklungen im Nachbarland einschätzt.

Insgesamt haben heimische Banken in Ungarn Kredite in Höhe von knapp 20 Milliarden Euro vergeben, sagt die österreichische Nationalbank, zum Großteil Konsumkredite an Privathaushalte. Durch die Schwäche des ungarischen Forint wird es für viele Kreditnehmer immer schwerer, ihre Kredite zurückzuzahlen. Schon vor zwei Jahren hat die Regierung Orban die Banken gezwungen, durch Umschuldung hunderten Millionen Euro an Verlusten hinzunehmen.

Einzig Bank Austria macht Gewinne

Auch diesmal wären österreichische Banken die Hauptbetroffenen, allen voran Raiffeisen und die Erste Bank Group. Die Uni-Credit-Tochter Bank Austria schreibt als einzige heimische Bank in Ungarn im ersten Halbjahr noch Gewinne, denn sie ist mehr im Firmengeschäft aktiv ist als bei Privatkunden.

Ganz anders die Situation von Raiffeisen: Erst im August hatte Raiffeisenbank-Internationalbank-Chef Karl Sevelda erklärt, die Bank habe in Ungarn in den vergangenen Jahren mehr verloren als verdient, daher wolle man das Geschäft in Ungarn zurückfahren. Ein Totalrückzug ist kaum denkbar, immerhin war Raiffeisen die erste ausländische Bank in Ungarn und genießt bei den Kunden großes Vertrauen. Auch die Erste Bank Group will grundsätzlich in Ungarn bleiben und wartet ab.

"In Geiselhaft der Regierung"

Hinter den Kulissen laufen offenbar zwei Strategien: Die österreichischen Banken versuchen, sich mit ebenfalls betroffenen Instituten zu verbünden, umso mehr Druck aufbauen zu können.
Gleichzeitig verhandelt der ungarische Bankenverband, in dem auch Vertreter österreichischer Banken sitzen, mit der Orban-Regierung.

Es geht darum, wie hoch die Verluste für die Banken sein sollen und welchen Anteil der Staat übernehmen wird. De facto befinden sich die ausländischen Banken in Ungarn in Geiselhaft der Regierung, heißt es in Bankenkreisen. Denn es ist praktisch unmöglich für eine Bank, sich aus einem Land komplett zurückziehen. Es reicht nicht, die Filialen zuzusperren, dahinter stehen komplexe und langfristige Verpflichtungen.