Werz: Verhältnis USA-Russland "offenes Spiel"
Der Bürgerkrieg in Syrien tobt weiter, aber zum ersten Mal wird auch verhandelt - zwischen den USA und Russland. Die Initiative dafür kam von den Russen, der US-Präsident scheint darüber aber sogar dankbar. Politologe Michael Werz sieht Barack Obama dennoch nicht als geschwächt - das Verhältnis zwischen den USA und Russland im Syrien-Kofnlikt beurteilt er nach wie vor als offen. Es sei zu früh, um zu sagen, "der eine hat verloren, der andere hat gewonnen".
8. April 2017, 21:58
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Mittagsjournal, 14.9.2013
Politologe Michael Werz ist "Im Journal zu Gast" bei
"USA setzen vieles auf eine Karte: Putin"
Nach Wochen wenig kalkulierbaren Verhaltens von allen Seiten, würde man nun mit den Verhandlungen in Genf neues Terrain beschreiten, sagt Politologe Michael Werz. Er arbeitet für den Think Tank "Center for American Progress". Die Denkfabrik ist politisch unabhängig, steht aber den Demokraten nahe.
Die Regierung von US-Präsidenten Barack Obama würde jetzt vieles auf eine Karte setzten: "Diese Karte heißt Wladimir Putin." Dass die USA im Syrien-Konflikt das internationale Heft des Handelns aus der Hand gegeben haben, liegt Werz zufolge unter anderem daran, dass die überwältigende Mehrheit der Amerikanerinnen und Amerikaner – auch viele im aktiven Militärdienst – nicht bereit sei, das Land noch einmal in einen bewaffneten Konflikt zu verwickeln.
Sieht Obama nicht geschwächt
Merz sieht das Verhältnis zwischen USA und Russland trotz Putins "Trumpfkarte" nach wie vor als "offenes Spiel". Es sei zu früh zu sagen, wer "gewonnen" oder "verloren" hat. Ein nicht zu unterschätzendes Problem sei laut Werz auch, dass die Europäer Obama in seiner Situation "sehr alleine" gelassen hätten. Aber natürlich hätte der US-Präsident Dinge besser machen können.
Barack Obama sieht Merz trotz der heftigen internationalen und nationalen Kritik nicht als geschwächt. Der US-Präsident habe sich als jemand erwiesen, der nicht bereit ist, die Politik seiner Vorgänger-Regierung fortzusetzen, und sehr zögerlich ist, wenn es um den Einsatz von Waffengewalt geht.
Sorge über Verzögerungstaktiken
Die amerikanisch-russischen Verhandlungen zu Syrien werden sehr schwierig, schätzt auch Merz. Aber es liege im Interesse beider Länder, dass Syrien nicht zerfällt und zu einer permanenten Destabilisierung der Region beiträgt. "Ich glaube, man darf Syriens Rolle hier nicht unterschätzen", warnt Merz.
Die Syrer würden relativ schnell signalisieren können, wie ernst sie es mit der internationalen Chemiewaffenkonvention meinen. Insofern sei die Aussage Bashar al-Assads, eine 30-tägige Frist für die Dokumentation der Waffenbestände in Anspruch nehmen zu wollen "ein Witz", sagt Merz. Hier werde deutlich zu sehen sein, ob Verzögerungstaktiken ins Spiel kommen.
"Neues internationales System überlegen"
Die Möglichkeit eines Militärschlags ist nach wie vor nicht aus der Welt. Man dürfe nicht unterschätzen, dass sich die Stimmung in der amerikanischen Bevölkerung relativ schnell verändern kann, wenn es so aussieht, als hätte der russische Präsident mit den Vereinigten Staaten ein Spiel getrieben, warnt der Politologe.
Syrien zeige, dass das internationale System an seine Grenzen geraten ist, meint Werz – "und zwar auf eine ganz schreckliche Art und Weise". Man müsse jetzt einen Schritt zurücktreten und sich gemeinsam überlegen, "wie man ein internationales System gestalten kann, in dem diese Form des Völkermordes innerhalb eines Staates nicht akzeptabel ist und in dem die Völkergemeinschaft auch Möglichkeiten hat, handelnd einzugreifen."