Deutschland: Für Schwarz-Gelb wird es eng

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Ein Gemeinplatz, der die Lage in Deutschland genau beschreibt. Die gestrige Wahl in Bayern beeinflusst die Voraussetzungen für die bundesweite Wahl am Sonntag durchaus. Die absolute Mehrheit der CSU gibt der Union Auftrieb. Angela Merkel kann mit Platz eins rechnen. Die große Frage ist aber, mit wem sie regieren kann und will. Die FDP könnte ihr abhandenkommen; in Bayern flog sie aus dem Landtag.

Mittagsjournal, 16.9.2013

Aus Berlin berichtet ORF-Korrespondentin

Union: "Wahlkampf auf Volldampf"

In Bayern ist die "Mutter aller Schlachten" geschlagen. So hat Horst Seehofer seinen Wahlkampagne genannt. In Berlin geht es jetzt um die Schlacht der Frau, die - manchmal mehr und manchmal weniger respektvoll – "Mutti" genannt wird. Angela Merkel muss ihre Truppen mobilisieren. Der große Erfolg der Parteifreunde in Bayern könnte ihre Wähler in Sicherheit wiegen.

Deshalb gibt Merkels Generalsekretär Hermann Gröhe die Parole "Wahlkampf mit Volldampf" aus: "Ein toller Tag für Bayern, aber eben auch für die gesamte Unionsfamilie. In der nächsten Woche wird in ganz Deutschland richtig mit Volldampf Wahlkampf gemacht."

FDP wirbt um Merkel-Wähler

Natürlich wissen Merkels Parteistrategen, dass es am kommenden Sonntag für eine Wiederauflage der bürgerlich-liberalen Regierungskoalition sehr, sehr eng wird, vor allem wegen der Schwäche der FDP. Die erlebte gestern Abend eine echten Tiefschlag. Parteichef Phillip Rösler kann nur hoffen, dass jetzt ein Art Mitleidseffekt greift, der die Liberalen bei der Bundestagswahl über die Fünfprozenthürde hebt.

"Ab jetzt geht es um Deutschland und dieses Ergebnis ist ein Weckruf für alle Liberalen", ruft Rösler aus. Die FDP wirbt seit gestern Abend ganz unverblümt um Merkel-Wähler, doch die Christdemokraten haben selbst keine Stimmen zu verschenken. Das macht der CDU-Politiker Phillip Mißfelder deutlich: "Wir haben keine Stimme zu verschenken und Mitleidsstimmen für die FDP brauchen wir nicht."

Rot-Grün wird sich wohl nicht ausgehen

Wie auch bei den letzten Wahlen sinken die guten Umfragewerte der CDU leicht im Endspurt, während die der Sozialdemokraten steigen. Dass der Abstand dennoch sehr groß bleibt, versucht sich der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, schönzureden. Es sei immerhin die 13. Landtagswahl hintereinander, bei der keine schwarz-gelbe Mehrheit zum Zug kommt. "Keine Überheblichkeit, aber eine ganze Portion Selbstbewusstsein" nehme die SPD aus der Bayern-Wahl mit.

Steinbrück setzt auf ein Bündnis mit den Grünen. Doch Rot-Grün ist in den Umfragen weit von jeder eigenen Regierungsmehrheit entfernt, auch weil die Grünen jetzt im Endspurt schwächeln. Ihre Spitzenkandidatin Katrin-Göring Eckart klingt deshalb fast ein bisschen beleidigt: "Es mag ja sein, dass einige den Eindruck haben, es ist egal, aber uns ist es nicht egal. Wir machen klar: Es geht um eine Richtungsentscheidung am nächsten Sonntag. Mit Schwarz-Gelb geht es zurück in dieser Republik."

Mehrheit wünscht sich große Koalition

Da ist dann auch das eigentliche Wahlziel ein bisschen herauszuhören: Schwarz-Gelb verhindern, auch wenn es für eine rot-grüne Mehrheit nicht reicht. Eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei, die einem Kanzler Peer Steinbrück den Steigbügel halten könnte, schließen SPD und Grüne aus.

Was bleibt, ist einen starke Kanzlerin, die, wenn das Wahlergebnis nur annähernd den Umfragen entspricht, deutlich als Erste durchs Ziel gehen wird, und dann die Koalitionsverhandlungen führt. Wenn es für Schwarz-Gelb nicht reicht, wird sie auf die Sozialdemokraten zugehen und dann bekommen die Deutschen womöglich das Regierungsbündnis, das sich eine Mehrheit ohnehin wünscht: eine große Koalition.