Russland: Nawalny muss nicht ins Gefängnis

Alexej Nawalny, Russlands bekanntester Oppositioneller, muss nicht ins Gefängnis. Am Vormittag wurde im Berufungverfahren gegen seine Verurteilung wegen Veruntreung die unbedingte Haftstrafe von fünf Jahren in eine bedingte Strafe umgewandelt. Den Koffer fürs Gefängnis hatte Nawalny schon gepackt, den braucht er jetzt nicht, aber er darf kein politisches Amt übernehmen.

Mittagsjournal, 16.102013

Strafe herabgesetzt

Keine drei Stunden dauerte heute der zur Zeit wohl politisch brisanteste Gerichtsprozess in Russland - dann stand es fest: Das Berufungsgericht in der Stadt Kirow, etwa 900 Kilometer nordwestlich von Moskau, ändert nichts am Urteilsspruch gegen Alexej Nawalny, aber es setzt das Strafausmaß herab: von 5 Jahren unbedingter Lagerhaft auf eine bedingte Strafe.

Lebenslange Ämtersperre

Nawalny hatte den Gerichtsprozess stets als absurd und rein politisch motiviert bezeichnet: Ihm wird vorgeworfen, eine staatliche Holzfirma falsch beraten und so einen Schaden von umgerechnet rund 400.000 Euro verursacht zu haben. Auch nach der heutigen Entscheidung des Gerichts meinte Nawalny sofort, das Urteil sei ungerecht und er werde seinen Kampf dagegen fortsetzen. Der scharfe Putin-Kritiker muss nun zwar nicht ins Gefängnis, aber er darf sich wegen der Verurteilung in kein politisches Amt mehr wählen lassen. Und sollte sich die Gesetzeslage in Russland nicht ändern, gilt diese Ämtersperre sogar lebenslang.

Der Mittelweg des Kreml

Wenn - wie Nawalny und auch praktisch alle Politologen hier annehmen - diese Gerichtsentscheidung letztlich von der obersten politischen Führung des Landes diktiert wurde - so hat der Kreml nun einen aus seiner Sicht wohl recht klugen Mittelweg gegenüber seinem gefährlichsten Kritiker eingeschlagen: Eine unbedingte Haftstrafe für Nawalny hätte vermutlich nicht nur Kritik aus dem Ausland nach sich gezogen, sondern auch Massenproteste in Russland ausgelöst.

Nawalny will politischen Kampf fortsetzen

Die bedingte Strafe ist hier für den Kreml nicht so riskant - und verhindert doch, dass Nawalny Wahlerfolge wiederholen kann, wie jenen bei der Moskauer Bürgermeisterwahl im September, bei der Nawalny auf für einen Oppositionellen beachtliche 27 Prozent kam. Nawalny freilich kündigte sofort an, dass er trotz der Ämtersperre seinen poltischen Kampf fortsetzen werde.