Abgewiesene Patienten: Sparen bei der Versorgung
Patientinnen und Patienten, die Beschwerden haben, und von Spitalsärzten nach Hause geschickt werden - das sind keine Einzelfälle, wie mehrere Beispiele zeigen, die allein in den vergangenen Tagen bekannt geworden sind, etwa aus Graz, oder aus Salzburg. Auch wenn das Spitalsbetreiber und Ärzte bestreiten: In solchen Fällen geht es um Sparzwang, Zeitmangel, und manchmal um Ärzte, die überfordert sind.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 24.10.2013
Chornischer Zeit- und Personalmangel
Keine Zeit, kein Personal, übermüdete Ärzte und oft überforderte Jungmediziner in den überlaufenen Ambulanzen. Die Situation ist für alle Beteiligten extrem unbefriedigend, sagt auch Karlheinz Kornhäusl, Obmann der Sektion Turnusärzte in der Österreichischen Ärztekammer. "Man erklärt es sich so, wie heute auch der Patientenanwalt Bachinger gesagt hat und in diesem Punkt muss ich ihm wirklich einmal Recht geben. Wir Ärzte leiden an einem chronischen Zeitmangel. Wir haben immer weniger Zeit für einzelne Patienten. Das hängt damit zusammen, dass wir auch chronisch unterbesetzt sind, dass wir überfrachtet werden mit Bürokratiearbeiten, die eigentlich nicht in den ärztlichen Bereich fallen sollten. Und dass dann da und dort eine Fehleinschätzung passiert, das ist tragisch, aber entspricht eben leider der Realität, dass es hie und da passiert."
Unerfahrene Jungärzte
Dazu kommt, dass es oft noch nicht so erfahrene Jungärzte sind, die den Patienten als erste anschauen - denn für Nacht- und Wochenenddienste sind sie besonders stark nachgefragt, wie es ein Mediziner formuliert.
Und sie müssen die oft schwierige Entscheidung treffen, ob ein Patient im Spital bleibt oder ob er heimgeschickt wird. Und diese Einschätzung erfolgt nicht selten unter denkbar schlechten Bedingungen, sagt Kornhäusl: "Viele unserer Kolleginnen und Kollegen sind teilweise 32 bis zu 49 Stunden im Spital. Das heißt übersetzt, dass sie in der Ambulanz oft einen völlig übermüdeten Arzt antreffen. Ich bringe immer den selben Vergleich: Ich glaube niemand würde sein Kind zu einem Fahrer in einen Schulbus stecken, wenn er wüsste, dass dieser Busfahrer 28 Stunden lang nicht geschlafen hat."
Andere Anlaufstellen fehlen
Die Ärzte fordern aber auch, dass es für Patienten in Not auch andere kompetente Anlaufstellen geben sollte als Ambulanzen: Gruppenpraxen oder Gesundheitszentren, die rund um die Uhr erreichbar sein sollten, sagt Kornhäusl: "Damit die bereits Fälle abfangen können, die keine Spitalsmedizin brauchen. Damit wir Spitalsärzte uns um die schweren Fälle, die vielleicht wirklich intensivmedizinisch betreut werden müssen oder einen längeren stationären Aufenthalt brauchen, kümmern können."
Denn bis zu 70 Prozent der Patienten in Ambulanzen brauchen laut Studien die Infrastruktur des Spitals gar nicht, sagt Patientenanwalt Gerald Bachinger. Er plädiert dafür, vor allem in andere Erstanlaufstellen außerhalb der Krankenhäuser zu investieren.