Israel: Freispruch für Lieberman

Ein Gericht in Jerusalem hat heute den früheren israelischen Außenminister Avigdor Lieberman vom Betrugsvorwurf freigesprochen. Lieberman kehrt nun in die israelische Regierung zurück. Lieberman gilt als scharfer Kritiker des Friedensprozesses mit den Palästinensern.

Mittagsjournal, 6.11.2013

Einstimmiges Urteil

Israel hat heute Früh den Atem angehalten – die wichtigsten Radio- und Fernsehsender waren live mit dabei: Es ging um die Zukunft einer der einflussreichsten, schillerndsten und umstrittensten politischen Figuren des Landes. Dann war das Spektakel nach fünf Minuten vorüber - das dreiköpfige Richtergremium hat Avigdor Lieberman einstimmig freigesprochen. Der 55-jährige rechtsgerichtete Ex-Außenminister bedankte sich bei seiner Familie und allen, die ihn während der langen Periode der Ermittlungen unterstützt hatten: "Diese Affäre ist hinter mir, ich konzentriere mich jetzt auf die Herausforderungen, die auf uns warten."

Lieberman war Amtsmissbrauch rund um die Ernennung eines Botschafters vorgeworfen worden, als Gegenleistung für Informationen, die dieser ihm rechtswidrig zugespielt haben soll. Doch das Gericht befand, Lieberman habe die Vorgänge nicht initiiert, und es gebe keine erwiesenen Tatsachen, aus denen ein Interessenskonflikt und eine Straftat abgeleitet werden könnten.

Amt freigehalten

Nicht weniger als 17 Jahre lang waren gegen Lieberman verschiedene Korruptionsuntersuchungen gelaufen, insbesondere im Zusammenhang mit großen Geldflüssen. Dabei war auch immer wieder Liebermans guter österreichischer Freund genannt worden, der Milliardär Martin Schlaff. Zu einer Anklage führte aber nur ein einziger Fall, eben derjenige, der heute mit dem Freispruch endete. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Staatsanwaltschaft Berufung einlegt, und Premier Benjamin Netanjahu hat sofort mitgeteilt, dass Lieberman nun bald wieder Außenminister sein wird – das Amt war bei der Regierungsbildung im März für ihn freigehalten worden. Für Netanjahu bedeutet das kurzfristig, dass seine Koalition stabil bleibt. Zugleich dürfte der Freispruch Lieberman politisch stärken, sodass er langfristig für Netanjahu ein gefährlicher Rivale werden könnte.

Gefahr für Friedensprozess?

Für die Verhandlungen mit den Palästinensern bedeutet die Rückkehr Liebermans, dass eventuelle israelische Konzessionen noch eine Spur unwahrscheinlicher werden, obwohl er auch als Außenminister nicht direkt in diese Verhandlungen eingebunden sein wird. Ganz zufällig ist genau heute der amerikanische Außenminister John Kerry in Jerusalem. Der Besuch sieht beinahe aus wie eine Rettungsmission für den Friedensprozess – nach mindestens 15 diskreten Treffen der Unterhändler sollen die Gespräche völlig festgefahren sein.

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