Philippinen: Der Weg der Hilfe

Auf den Philippinen, knapp zwei Wochen nach dem Taifun Haiyan, erreicht die Hilfe inzwischen die Opfer der Katastrophe. Wie kommt Ihre Spende in Form von Wasser, Nahrung oder medizinische Hilfe dorthin, wo sie gebraucht wird?

  • Rollfeld eines Flughafens

    Für die meisten Hilfspakete beginnt die Reise viele tausend Kilometer entfernt von den Philippinen. Meist sind es riesige Lager in Dubai, Hongkong und Panama.

    (c) Uitz, ORF

  • Menschen beim Ausladen einer Militärmaschine

    Nach acht Stunden Flug kommen die riesigen Paletten hier am Flughafen von Cebu an. In vier Stunden geht es mit der koreanischen Luftwaffe in einer C130 Propellermaschine nach Tacloban.

    (c) Uitz, ORF

  • Mann mit Schutzmaske inmitten zerstörter Häuser

    Am Schluss dieser Kette – wenn die Pakete mehr als 8.000 Kilometer zurückgelegt haben und durch dutzende Hände gewandert sind – stehen dann Menschen wie Joshua. Er steht in den Trümmern seines Hauses in Tacloban – versucht gerade ein wenig aufzuräumen.

    (c) Uitz, ORF

  • Zerstörte Autos

    (c) Uitz, ORF

  • Vermisstenlisten

    Listen organisieren sämtliche (Über-)Lebensbereiche.

    (c) Uitz, ORF

  • Robert Uitz

    Ö1 Journal-Reporter Robert Uitz

    (c) Uitz, ORF

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Morgenjournal, 20.11.2013

Reportage aus Tacloban,

Lange Reise

Für die meisten Hilfspakete beginnt die Reise viele tausend Kilometer entfernt von den Philippinen. Meist sind es riesige Lager in Dubai, Hongkong und Panama. Dort haben die Hilfsorganisationen Vorräte angelegt – schon reisefertig in Paletten hergerichtet – um sie innerhalb weniger Stunden losschicken zu können. Der Vorteil von Dubai oder Hongkong ist, dass sie strategisch günstig liegen, ein riesigen Flughafen haben und es auch keinen Zoll gibt, der die ganze Sache verzögern könnte.

Nach acht Stunden Flug kommen die riesigen Paletten hier am Flughafen von Cebu an. Meist mitten in der Nacht. Denn da sind die kleineren Flugzeuge, die die Pakte weiterliefern nicht unterwegs – es ist also nicht so hektisch.

Spenden für die Philippinen

Nachbar in Not

Kommandoton in der Zentrale

Sechs Stunden später: In der Logistik-Kommandozentrale am Flughafen Cebu laufen alle Fäden bei einem Mann zusammen. Sein Merkmal: Kommandoton. Wenn man vor ihm steht, hat man 20 Sekunden Zeit sein Anliegen darzulegen: Luke, Ende zwanzig, kommt aus Kalifornien – und sieht dem Klischee entsprechend aus. Groß, sportlich, kurze, wasserstoffblondierte Haare, schmale Sonnenbrille. Er ist Logistiker von Beruf, hat sich aber mittlerweile den Kommandoton des Militärs angewöhnt. Was wohl die Umgebung ausmacht – denn die besteht fast nur aus Offizieren.

Luke ist der unumschränkte Herrscher hier. Die Kunst ist es die großen Paletten in kleine aufzuteilen, die Wünsche der Hilfsorganisationen um Transportkapazitäten entgegenzunehmen, Prioritäten zu setzen. Denn natürlich ist immer die eigene Fracht die Wichtigste. Zehn Tonnen kommen in den Flieger der Australier, dazu zwölf Passagiere – "Das alles muss in einer Stunde draußen sein", kommandiert Luke.

Weitere zehn Tonnen – in diesem Fall Essensrationen – kommt zu den Koreanern. Die stecken aber noch auf irgendeiner Insel fest. Denn ein Hubstapler hat seinen Geist aufgegeben. Die Fracht muss dort jetzt händisch ausgeladen werden. Es sind oft die kleinen Dinge – wie eben ein kaputter Hubstapler – die die ganze Sache um Stunden aufhalten können.

Auf nach Tacloban

Auch wer als Passagier mitfliegen will, muss das OK von Luke bekommen. Ich habe Glück und komme doch noch auf die Liste. Listen sind hier überhaupt das ein und alles. In vier Stunden geht es mit der koreanischen Luftwaffe in einer C130 Propellermaschine nach Tacloban.

Hier am Vorfeld wo die Flugzeuge be- und entladen werden, muss alles möglichst schnell gehen. Während wir Passagiere unter dem Flügel der Maschine Schatten suchen, werden drei große Paletten in das Flugzeug gehievt. Das dauert nur 15 Minuten. Danach heißt es dann aber in der startbereiten Maschine noch warten. Denn am kleinen Flughafen von Tacloban ist im Moment keine Parkposition frei.

Nach einer weiteren Stunde geht’s endlich los. Zwischen der Fracht eingeklemmt sitzen wir hier. Ein bunter Haufen an Feuerwehrleuten, Medizinern, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Journalisten. 45 Minuten später geht die Heckklappe in Tacloban auf. Die Hubstapler warten schon, und vor dem Flughafengebäude die Lkws. Ein Team der jeweiligen Hilfsorganisation übernimmt die Fracht. Allerdings kann es dann oft noch Tage dauern, bis die Hilfsgüter wirklich hier wegkommen. Zu wenig Transportkapazitäten oder verstopfte Straßen sind das Hauptproblem.

Dankbarkeit am Ende

Ein Lkw macht sich auf den Weg in die Stadt. Zwölf Kilometer – trotzdem es dauert sich durch das Chaos zu manövrieren. Sobald der Lkw steht, bildet sich eine lange Schlange. Die Verteilung wird immer von bewaffneten Polizei- und Militäreinheiten begleitet. Denn wenn die Menschen das Gefühl haben, es gibt zu wenig, kann es leicht zu Tumulten kommen.

Am Schluss dieser Kette – wenn die Pakete mehr als 8.000 Kilometer zurückgelegt haben und durch dutzende Hände gewandert sind – stehen dann Menschen wie Joshua. Er steht in den Trümmern seines Hauses in Tacloban – versucht gerade ein wenig aufzuräumen. Seit ein paar Tagen hat er wieder zu essen, sagt er: "Essenpakete bekommen wir jetzt jeden Tag. Wir können sie uns da drüben an einem Platz abholen."

Und ein Danke solle ich noch ausrichten, sagt er –für die vielen Hilfspakete, die mittlerweile hier ankommen.