Afghanistan: USA verstärken Druck auf Karzai

Der Konflikt um das Sicherheitsabkommen für Afghanistan spritzt sich immer mehr zu. Afghanistans Präsident Hamid Karzai verweigert seine Unterschrift unter den Pakt, der die Präsenz der US- und NATO-Truppen nach 2014 regeln soll. Jetzt droht US-Sicherheitsberaterin Susan Rice, ohne rasche afghanische Unterschrift bleibe den USA keine andere Wahl, als eine Zukunft ohne US-Truppen zu planen.

Mittagsjournal, 26.11.2013

15.000 sollen bleiben

Bei dem Abkommen geht es um 15.000 US-Soldaten, die auch nach dem offiziellen Truppenabzugstermin 2014 in Afghanistan bleiben sollen - als Ausbildner afghanischer Truppen aber auch für Anti-Terror-Operationen. Geregelt werden ihre Aufgabengebiete, ihr Schutz vor Strafverfolgung durch afghanische Gerichte und die Zusammenarbeit mit den afghanischen Behörden, etwa, dass keine militärischen Operationen ohne afghanische Zustimmung durchgeführt werden dürfen. Ein Jahr lang ist verhandelt worden, vorgestern hat die Loya Jirga der Rat der Stammes-Ältesten zugestimmt und Präsident Hamid Karzai mit der Unterschrift bis Jahresende beauftragt. Doch der afghanische Präsident stellt sich überraschend quer: Die Amerikaner müssten zuerst Frieden nach Afghanistan bringen, bevor er unterzeichne sagt Hamid Karzai kämpferisch und: Wenn die Amerikaner wieder in unsere Häuser eindringen, gibt es kein Abkommen.

Angespannte Atmosphäre

US-Präsident Barack Obama hat seine Nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice nach Kabul geschickt, um das Abkommen zu retten. Die Botschaft aus Washington: ohne rasche Unterschrift sei die weitere Stationierung von US Truppen einfach nicht planbar. Als zusätzliches Druckmittel verknüpfen die USA auch bereits zugesagte Militärhilfen in Milliardenhöhe mit der Unterschrift des afghanischen Präsidenten.
Statt einzulenken stellt Hamid Karzai nach dreitägigen Gesprächen mit Susan Rice allerdings neue Bedingungen: die Freilassung von afghanischen Guantanamo Häftlingen, Friedensgespräche mit den Taliban und das Ende von Operationen ausländischer Soldaten in Wohngebieten. Außerdem müssten freie Wahlen stattfinden, noch vor dem Abschluss eines Sicherheitsabkommens.

Teilnehmer berichten, dass die Gespräche in extrem angespannter Atmosphäre abgelaufen sind. Es hat danach keine Interviews oder gemeinsamen Erklärungen gegeben, lediglich heute ein knappes Statement des Weißen Hauses: Ohne eine schnelle Unterzeichnung haben die USA keine andere Wahl, als die Planung für eine Zukunft nach 2014 zu beginnen, in der keinerlei Soldaten der USA oder der NATO mehr in Afghanistan präsent sind.

Machtinteressen

Hinter dem Konflikt stehen beinharte Machtinteressen. Präsident Hamid Karzai befürchtet, dass die USA Einfluss auf die nächsten Präsidentschaftswahlen in Afghanistan nehmen und einen USA-freundlichen Kandidaten als Präsident platzieren könnten. Karzai selbst darf nach zwei Amtszeiten zwar nicht mehr antreten, hat aber die US Unterstützung für seinen Herausforderer bei den letzten Wahlen nicht vergessen. Dazu kommt vielleicht noch so etwas wie der Wille von Hamid Karzai ein politisches Erbe zu hinterlassen und sich nicht so einfach dem Willen der Supermacht USA zu beugen. Beobachter warnen allerdings, dass ein vollständiger US-Truppenabzug zumindest derzeit einen massiven Gewaltausbruch in Afghanistan zur Folge haben könnte.