Israel lässt wieder palästinensische Häftlinge frei

Israel hat in der vergangenen Nacht 26 palästinensische Gefangene freigelassen. Bei der Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den Palästinensern im Juli hatte sich Israel zur Freilassung von insgesamt 104 Häftlingen verpflichtet, die in der Zeit vor Beginn des Friedensprozesses im Jahr 1993 verurteilt worden waren. Mit der heutigen Aktion ist die Vereinbarung zum überwiegenden Teil erfüllt. Einen wesentlichen Fortschritt zur Entspannung des Nahostkonflikts dürfte sie aber nicht bewirken.

Morgenjournal, 31.12.2013

Aus Israel berichtet

Dritte Freilassungs-Aktion

Es ist schon Routine, dass die Freilassungen in tiefer Nacht abgewickelt werden. Die Israelis ärgern sich über die Freudenfeiern der Palästinenser und wollen möglichst wenig davon in den Medien sehen. Für jene 18 Männer, die ins Westjordanland heimkehrten, gab es im Hof der Präsidentenkanzlei in Ramallah den üblichen Heldenempfang - mit jubelnden Massen, Süßigkeiten, Feuerwerk und Umarmungen durch Präsident Mahmud Abbas: "Das ist ein sehr glücklicher Tag für uns alle, unser Volk, unsere Familien und für unsere heldenhaften Gefangenen, die heute befreit wurden, um frei zu leben."

Fünf weitere Palästinenser wurden in Ostjerusalem freigesetzt und drei wurden an die Grenze zum Gaza-Streifen gefahren. Fast alle, die freikamen, waren wegen Terrormorden verurteilt worden. Sie haben zwischen 18 und 28 Jahren in israelischen Zellen abgesessen. Seit August war es die dritte derartige Aktion, insgesamt hat sich Israel bei der Wiederaufnahme der Verhandlungen zur Freilassung von 104 Langzeithäftlingen in vier Gruppen verpflichtet.

Ankündigung von neuen Siedlungen erwartet

In Israel gab es auch diesmal Demonstrationen von Angehörigen von Terroropfern. "Schämt euch", stand auf den Plakaten, "nur Israel lässt Mörder frei". Einer der jetzt freigelassenen Männer ermordete 1992 in Jerusalem den Bruder von Elieser Amsalem: "Nach allem, was er uns angetan hat, dieser Mörder, ist er frei, und wir leiden weiter - ich verstehe das nicht."

Möglicherweise wird die israelische Regierung zur Beschwichtigung der Rechten wie bei den früheren Freilassungen auch diesmal Bauvorhaben ankündigen. In Medienberichten war von insgesamt 1.400 Wohnungen in Ost-Jerusalem und in Siedlungsblöcken im Westjordanland die Rede. Eine offizielle Bestätigung gab es aber noch nicht.

Kerry noch diese Woche im Nahen Osten

Insgesamt sind die Gefangenenfreilassungen und ihre Begleiterscheinungen bei aller Aufregung aber von eher geringer politischer Bedeutung - den Verhandlungen selbst hilft das alles nicht weiter. Mehr Konsequenzen könnte der nächste Besuch von US-Außenminister John Kerry haben, dem man diesmal mit einiger Spannung entgegensieht.

Kerry wird diese Woche wieder in Jerusalem und Ramallah sein und es heißt, er könnte den zaudernden oder blockierenden Israelis und Palästinensern noch im Jänner ein Rahmenabkommen aufzwingen, das beiden Seiten Kompromisse abverlangen würde. Allerdings: Auch so ein Rahmenabkommen wäre noch kein fertiger Friedensvertrag, sondern irgendwie das Gegenteil - nämlich ein Mittel, durch das Kerry angesichts fruchtloser Verhandlungen das Gesicht wahren und Zeit gewinnen könnte.

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